Spaghetti Maillard, sonnengebräunt

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Dunkelbraune Spaghetti. Die Sonne wars nicht, das muss ich zugeben. Grossmütter wussten noch, dass man den Eigengeschmack von Zerealien durch Rösten verstärkt. Rösteten ihr Mehl, bevor es in Mehlschwitzen eingesetzt wurde. Schwärmten von brauner Brotkruste, gerösteten Haferflocken, dunkler Mehlschwitze, einem gut angebratenen Sonntagsbraten. Chemiker sprechen von Maillard-Reaktion. Dabei werden Aminosäuren und Monosaccharide unter Hitzeeinwirkung zu dunkelbraun gefärbten, meist wohlduftenden und wohlschmeckenden Kondensationsprodukten umgewandelt.

Genau das habe ich mit Hartweizenspaghetti gemacht. Gute 10 Minuten bei 180°C im Backofen trocken angeröstet. Und hitzegebräunt wurden sie meinem Ofensolarium wieder entnommen. Wohlduftend nach Haselnüssen und Röstaromen. Ihr Zustand Vorher/Nachher ist auf dem folgenden Bild zu bestaunen. Ein Trick, wie man mehr Geschmack in pasta reinbringt.

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Dazu passt nicht jede Sauce. In einer würzigen Tomatensauce würde sich der Effekt verlieren. Ich nahm dazu Marcella Hazan/Lele Rivoltas Lauchsosse. Mit Spaghetti anstelle der von ihr vorgezogenen pasta corta. Danke Claus für die Vorlage ! Zusätzlich gebe ich blanchierte, grüne Lauchstreifen unter die fertige Sauce, damit der Teller etwas Farbe bekommt. Und weil die Spaghetti beim Kochen so unverschämt nach Haselnuss dufteten, habe ich der Lauchsauce noch eine Handvoll gerösteter Haselnüsse spendiert.

Zutaten
220 g Hartweizenspaghetti (keine Eierteigwaren !)
3 grosse Lauchstangen
1 Elf. Olivenöl
2 Elf. frische Butter
3 ganze Knoblauchzehen geschält
80 ml Vollrahm
1 Handvoll geschälte, geröstete Haselnüsse, grob gehackt
Salz, frisch & grob gemahlener Pfeffer
Parmesan, frisch gerieben

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vom Lauch
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zur Lauchsauce

Zubereitung
Pasta rösten:
(1) Pasta auf einem feinen Kuchengitter flach auslegen, das Kuchengitter in den auf 180°C vorgeheizten Backofen (U-/O-hitze, Schiene 2) legen und je nach Dicke der pasta 8-15 Minuten rösten, bis die pasta nussbraune Färbung annimmt und wohlriechend duftend. Wenn die pasta ungleichmässig bräunt, aus dem Ofen nehmen, sobald die gewünschte Färbung teilweise vorhanden ist, die fertig gebräunten Anteile aussortieren, die hellen nochmals nachrösten.

für die Lauchpasta:
(2) Lauch zurüsten. Den weissen Teil in ca. 0.5 cm breite Ringe schneiden. Den grünen Teil in ca. 2 mm breite, Spaghettidicke Lauchstreifen schneiden.
(3) Grüne Lauchstreifen in siedendem, gesalzenem Wasser ca. 2-3 Minuten blanchieren (bis sie gar sind), in kaltem Wasser abschrecken, abtropfen und beiseite stellen.
(4) Öl und Butter in eine grosse Pfanne geben, Knoblauchzehen bei mittlerer Hitze hellbraun anrösten, Knoblauch entfernen und sofort die weissen Lauchringe zugeben und leicht salzen. Lauch unter gelegentlichem Umrühren weichdünsten. GGf. wenig Wasser nachgiessen. Sobald der Lauch cremig-weich ist, Hitze erhöhen, und unter stetem Rühren weitergaren bis der Lauch sich haselnussbraun zu verfärben beginnt. Rahm und Nüsse hinzugeben, reichlich mit grob gemahlenem Pfeffer bestreuen (um die leichte Süsse des Lauchs zu kaschieren) und auf mässiger Hitze warm halten.
(5) Indessen die Spaghetti in Salzwasser al dente kochen. Die Garzeiten sind bei gerösteter Pasta um ein paar Minuten länger als gewohnt. Abgiessen, in eine vorgewärmte Schüssel geben, mit der Lauchsauce und den Lauchstreifen sowie reichlich Parmesan vermischen.

Anmerkung
Die Idee Pasta zu rösten, habe ich bei Ideas in food gefunden, welche die pasta jedoch noch zusätzlich mit einem Smoker malträtieren. Dass beim Rösten von Getreideprodukten Spuren von Acrylamid entstehen können, ist mir bewusst. Da wir uns sehr ausgewogen ernähren, ist mir das aber piepegal. Gewisse Maillardprodukte binden dafür freie Radikale und verhindern damit andere Schädigungen.

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51 Kommentare zu „Spaghetti Maillard, sonnengebräunt“

  1. entschuldige, aber du bist schon ein wilder hund. bei mir gibt’s auch manchmal knusprig gebräunte nudeln, aber erst hinterher, das ist dann asiatisch. auf die idee, die nudeln vorher trocken zu rösten wäre ich nicht gekommen, aber deine schwärmerei vom haselnussduft lässt mich diese verrückte idee tatsächlich in erwägung ziehen (dass auch mir acrylamid wurscht ist, hatte ich ja vor kurzem schon festgestellt).
    wobei, während ich das hier schreibe, fällt mir ein, dass ich für thailändischen rindfleischsalat vor kurzem zum ersten mal selbst duftreis trocken im wok geröstet habe, bis er braun war (und umwerfend duftete) und ihn dann gemörsert habe – weil man das hier nicht kaufen kann (und das aus bangkok mitgebrachte sackerl leider leer ist), aber „ohne“ der salat nicht richtig schmeckt. dieser reis wird dann aber nicht mehr gekocht, sondern wie knusprige brösel unter den salat gemengt.

  2. Eine interessante Idee – die Lust auf Meer macht… ein Sonnnebad mitten im Winter… herrlich…
    Sonnige Grüße, Elisabeth 🙂

  3. Gute Idee!!
    Mich würde wie Nathalie auch interessieren, ob die Nudeln nach dem Rösten tatsächlich knackiger im Geschmack sind, du schreibst ja, man muss sie etwas länger garen, wahrscheinlich schmecken sie dann wie helle Nudeln auch…

  4. Über die beiden von Ideas in Food staune ich immer wieder. Leider sind manche ihrer Ideen zu abgefahren um sie in meiner mit Schnickschnack unterbesetzten Küche zu realisieren. Die Angst vorm Rumprobieren und Versauen hat da sicherlich auch mitgespielt. 😉
    Danke fürs Vormachen!

  5. Sonnengebadete Nudeln – das klingt so, wie wenn wir das auch mögen würden. Wir sind eh Fans von Röststoffen…

    Danke für die Idee. Mit Lauch und Haselnüssen bestimmt optimal kombiniert.

  6. Aha, wohl deshalb musste ich das Mehl für den Polvorones rösten.

    Ich bin etwas skeptisch ob geröstete Spaghetti wirklich gut schmecken? Ich bevorzuge da ein Brot mit dunkler Kruste, damit ist dann mein Acrylamid-Bedarf auch gedeckt. 😉

  7. Tolle Idee, das werde ich auch mal ausprobieren!
    Ich freu mich immer sehr, wenn du in deinen Rezepten auch das chemische Hintergrundwissen ansprichst – das find ich immer sehr interessant!

  8. Im ersten Augenblick dachte ich an Vollkornspaghetti, der Farbe wegen :-). Pasta habe ich noch nicht vorgeröstet, Reis dagegen schon und werde das bestimmt einmal ausprobieren. Den Hinweis auf die Großmütter und ihre Vorgehensweise kann ich voll bestätigen und wende sie auch ab und zu noch an. Speziell einige Stückchen dunkler Bauernbrotkruste sind ein Muß, wenn ich mir (2 x jährlich) einen Schweinebraten (mit ungebundener Sauce) mache :-). – Danke für das Experiment!

  9. @Rosa: Spaghetti schmeckt auch grossen Kindern 🙂

    @Nathalie: sie werden durch das Rösten „bissfester“. Durch das lange Kochen hellen sie etwas auf. Um die längere Kochzeit abzukürzen, kann man sie vorher etwa 2 Stunden in kaltem Wasser einlegen, dann wird die Kochzeit etwa halbiert.

    @Ulrike: ich war auch überrascht.

    @Kochschlampe: wenn man einen Stoff isoliert betrachtet, sind die Ergebnisse meist anders, als wenn der Stoff in seinem Umfeld untersucht wird.

    @katha: Reis kenne ich auch nur als Restenverwertung ngebraten. die Herren von Ideas in food haben noch andere lustige Röstexperimente zu bieten, an die ich mich bei Gelegenheit wagen will.

    @Elisabeth: Nicht nur wir wollen knackig-braun aussehen.

    @mipi: einen Versuch wert.

    @sammelhamster: siehe Antwort bei Nathalie. Ich würde die Nudeln kalt in Wasser inlegen, damit die Garzeit kürzer wird und sie weniger Farbstoff an das Wasser verlieren.

    @Evi: teilweise sind es spinnerte Ideen, aber es hat immer wieder etwas dabei, was einen Versuch wert ist.

    @Barbara: Die Lauchsauce bei Claus hat mich erst auf die Anwendung dieses Rezeptes gebracht.

    @zorra: eine schwarz verbrannte Brotrinde schmeckt noch stärker. Da müsstest Du ein paar Portionen essen.

    @Melanie: nicht zuviel, sonst liest hier keiner mehr 🙂

    @Charlotte: ich hab auch schon Gnocchi aus dem Puschlav (Capunet) mit geröstetem Mehl gemacht. Eine Offenbarung.

    1. danke für das w. vorher vergessen: der reis für den salat ist roh! nicht gekocht! deshalb ist’s mir eingefallen. das scheint aber in thailand nicht neu- sondern sehr altmodisch (sprich: traditionell) zu sein.

  10. Interessant! – und aus purer Neugierde ob der Geschmackveränderung werde ich das auch ein Mal ausprobieren, aber zugegebenermaßen achte ich schon auf Acrylamidbildung etc.

    Die Idee mit den Lauchstreifen als Farbtupfer gefällt mir richtig gut!

  11. Du hast mich mal wieder zum Staunen gebracht 🙂
    Um mit den Worten meiner Oma zu beschreiben: “ Nee, Nee was es nicht alles gibt :-)))“
    Aber bestimmt lecker durch den nussigen Geschmack

  12. Was für eine tolle Idee. Superinteressant..auch die Lauchsauce find ich klasse. Acrylamid ist mir übrigens auch schnuppe.

  13. Das wird zwischen den Jahren auf meinem Speisezettel landen – ich glaube, damit kann ich gut jemanden überraschen, der glaubt, wirklich alles schon mal probiert zu haben 🙂

  14. Ich habe ein paar alte Keksrezepte die geröstetes Mehl verlangen. Schmecken fein. Wenn man das Mehl vorher röstet, wird man wahrscheinlich keinen elastischen Teig damit mehr herstellen können. Auf die Idee, stattdessen die fertige Pasta zu rösten wäre ich selber nie gekommen.

  15. Naturreis wird bei mir vor dem Garen im Topf kräftig angeröstet, aber warum bin ich nur noch nie auf die Idee gekommen, die Rösterei auszuweiten? Mal sehen, was mein Grieche davon hält….

  16. @Eva: die Lauchsauce ist schon allein zu empfehlen.

    @Claudia: kann auch nicht viel schiefgehen.

    @Monika Johannes: wild entschlossen !

    @Arthurstochter: Hst Du Dich an den Spaghettispitzen gestochen ?

    @Buchfink: nein, dazu brauchts keine Retorte.

    @Claus: verbrannte Eier ? bääh.

    @Christine: was macht man sonst mit dem grünen Teil des Lauchs ?

    @Karin: da wundert sich die Oma, die Vermeidung dieser Verfärbung gehört aber zum Geschäft aller grossen pastafirmen.

    @Isi: nur nicht übertreiben. Kohle wäre zu dunkel.

    @bee: als Schreckmümpfeli an Silvester ?

    @aftenstjerne: die fertigen Kekse würde ich auch nicht zu stark rösten 🙂

    @Susa: Du röstet den Reis trocken oder in Öl ?

    @nina: ist ja bald wieder Sommer und die Bikinis dräuen.

    @the rufus: Ideen fürs Mikadospielen ?

  17. da bin ich aber froh, dass es keinen Sonnenbrand bei den Spaghettis gegeben hat. und mit Lauch muessen die knackigen Nudeln einfach schmecken.

  18. Da käm‘ ich ja fast noch mal in Versuchung, fertige Pasta zu kaufen – um das auszuprobieren 🙂 Wirklich interessant.

  19. @kitchenroach: auch für Sonnenbrand hätte ich ein Mittelchen…

    @Mestolo: Kannst Du auch mit Spagetti aus der Chitarra machen, ohne Ei, im gleichen Schritt antrocknen im Backofen.

  20. einmal, wirklich nur einmal möchte ich mein essen so fotografieren können…..und: da lerne selbst ich in sachen nudeln heute noch was dazu!!! prima.

  21. Schreckmüpfeli? Das klingt wie: „Ja, heute gibt’s leider nur geröstetes Brot – die Magd hat die Eier fallen gelassen und wir können bis Ostern keine Butter mehr kaufen.“ Natürlich mit dem großen Braten hinter der Küchentür 😉

    Dabei hat ein halbes Pfund Spaghetti schon ordentlich Farbe abbekommen, und die Düfte beim Rösten waren vielversprechend. Die Sache macht neugierig.

  22. @peppinella: ich drücke bloss auf den Auslöser.

    @Susa: dann wird er knackiger.

    @bee: Solange ein Braten hinter der Türe wartet, darf man mich kulinarisch erschrecken.

  23. Ich habe Ihre Rezept gestern nachgekocht.
    Die gebräunten Nudeln haben gut geschmeckt, aber diese Sauce dazu.
    War einfach nicht unser „Fall“. Viel zu fettig. Schwere Sahnesaucen? Diese Zeit muss doch einfach vorbei sein. Ich habe zum erstenmal ein Rezept von Ihnen nachgekocht.
    Werde es mir sehr stark überlegen, ob ich es nochmals versuchen sollte.
    Man sollte wie immer auf seine Innere Stimme hören. Rezept lesen und dann gleich ab änder. Schade, ich hatte geglaubt Sie seien ein guter Hobby-Internetkoch.
    Mit freundlichen
    Grüßen aus Bremen

  24. @Thomas Pastler: So kann man sich täuschen !! Hören Sie mehr auf Ihre innere Stimme, kochen Sie nur noch was Ihnen schmeckt, lassen Sie das Nachkochen von einem Blog wie meinem, es gibt soviele bessere Blogs als ausgerechnet diesen !

  25. Habe es auch ausprobiert und wie so oft scheint es wieder sehr auf die Qualität der Zutaten anzukommen. Die Discounter-Spaghetti, die ich leider verwenden musste, haben recht ungleichmäßig gebräunt (d.h. über die gesamte Länge gab es kaum gebräunte Einsprengsel). Nach dem Kochen hat dies zu einer Art Schuppen- oder Tannenbaumeffekt geführt, d.h. zu einer sehr unschön aussehenden Form.

    Ich weiß nicht, woran dies lag, aber ich muss das nun unbedingt nochmal mit hochwertigeren Nudeln ausprobieren. Es müsste doch mit dem Teufel zugehen …

    1. meine waren Spaghetti aus Poschiavo. Durch Messingformen extrudiert und bei niedriger Temperatur getrocknet. Ich musst jedoch auch zweimal den Ofen leeren um die braunen auszusortieren.

  26. Bin begeistert! Die Fotos sind auch klasse. Das muß ich ausprobieren. Nur werde ich mir sicherlich nicht den 24. Dezember dafür aussuchen.

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