Während der Vorbereitung meines Emiliaburgers nach Massimo Bottura bin ich auf Bildern noch einem andern Gericht des Meisterkochs aus Modena begegnet: Polenta und Reis als Pizza. Oder auf Neudeutsch: The North That Wanted to Become South. Wie Bottura seine Speisen bezeichnet, ist typisch für ihn und hinterlässt beim Leser Heiterkeit.
Stundenlang habe ich dafür das Internetz abgeklappert. Viele schöne und weniger schöne Fotos, aber kein Rezept. Das einzige, was ich darüber fand, war die Beschreibung des Gerichtes durch einen Gastrokritiker. Bottura, auf der Suche nach der Reinheit der Aromen, koche den Reis in Büffelmilch (ohne Wein), röste die Polenta in mehreren Schritten so stark, bis sie leicht verbrannt schmecke. Dazu eine Tomatensauce mit Sardellen und Oregano. Und alles soll an eine Pizza aus dem Ofen erinnern. Probieren wir das halt ohne Rezept mit diesen rudimentären Angaben. Modena ist für mich unerreichbar.
Doch erst musste Büffelmilch beschafft werden. In der Chäsi Meierskappel im Luzerner Hinterland wurde ich fündig. In einer Tour de Lucerne stärkten wir uns zuvor in Werni Toblers Bistro Bacchus in Hildisrieden (seit 1. April steht er endlich wieder hinter dem Herd) und nachher Fotoshooting beim Schloss Wyher.
Zutaten
Maiscracker als „Pizzateig“:
80 g gelbes Polentamehl
3-4 dl Wasser
Salz
Büffelmilchreis als „Mozzarella“:
1 kleine Schalotte
20 g Butter
120 g Reis Carnaroli
5 dl Büffelmilch
Meersalz
weisser Kampotpfeffer
„Tomatensugo“:
2 EL Olivenöl
1 Schalotte, geschält, fein gehackt
2 Sardellen, gehackt
2 kleine Dosen gehackte Tomaten (Bottura verkocht frische Tomaten)
Meersalz
Piment d’Espelette
Zubereitung
Maiscracker als „Pizzateig“:
(1) Polentamehl unter Rühren in das kochende, gesalzene Wasser einrieseln lassen, danach im vorgeheizten Ofen zugedeckt bei 100°C ca. 50 Minuten quellen lassen. Gelegentlich umrühren. Ggf. kochendes Wasser einrühren, damit eine dünne Polenta entsteht. Ofen auf 150°C hochstellen.
(2) Polenta mit einer Teigkarte auf zwei mit Backpapier belegte Bleche dünn ausstreichen und die Bleche in den Ofen legen. Sobald sich der Maisfilm vom Papier lösen lässt, Temperatur auf 180°C hochstellen, wenn der Mais goldgelb ist, das eine Blech herausnehmen, dann auf 220°C stellen und das zweite Blech dunkelbraun rösten. Maisfolien nach dem Abkühlen zerbröseln.
„Tomatensugo“:
(3) Gehackte Tomaten auf einem Sieb gut abtropfen lassen.
(4) Schalotte und Sardellen im Olivenöl langsam andünsten, abgetropfte Tomaten unterrühren und etwa 30 Minuten auf niedriger Temperatur konfitürenartig einköcheln. Würzen mit Piment d’Espelette und Meersalz.
Büffelmilchreis als „Mozzarella“:
(5) Schalotte in der Butter anschwitzen, Reis zugeben und 2-3 Minuten mitdünsten. Die erwärmte Büffelmilch portionsweise unter häufigem Rühren zugeben, salzen. Das mache ich alles in der Cooking Chef, genauso, wie man einen Risotto zubereitet. Am Ende soll ein fliessender Risotto „all onda“ entstehen, kein Türmchenbaurisotto! Nachwürzen mit Meersalz und viel weissem Kampotpfeffer.
für den finish:
Tomatensugo in einem kleinen Ring in die Mitte des Tellers platzieren. Ring wegziehen. Grösseren Ring aufsetzen und den Reis vorsichtig als weisse Kappe über den Tomatensugo verteilen. Maiscracker als Ring darum verteilen.
Ein Gericht eines 3-Sternekoches ohne Rezept, nur aufgrund rudimentärer Angaben und ohne das Gericht je gegessen zu haben, nachzukochen, ist natürlich ein Ding der Unmöglichkeit. Der puristisch angerührte Reis schmeckt zwar wie Milchreis mit cremigem „Büffelmilch-Geschmack“, mit etwas Phantasie kann man sich das durchaus auch als geschmolzenen Büffelmozzarella vorstellen. Die rote, kräftig gewürzte Tomatensauce ist das Pendant zum milden „Käse“. Am Tellerrand duften die Maiscracker nach angebranntem Pizzateig.
Ein Mensch ohne Phantasie ist wie ein Vogel ohne Flügel (W. Raabe).
Oder andersrum in meinen Worten: Pizza bleibt Pizza.