Idrijski žlikrofi, Maultaschen aus Idrija oder die Hütchen des Liebhabers der Mätresse

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Hütchenparade

Die kulinarische Besonderheit von Idrija, einem Kleinstädtchen im Landesinnern von Slovenien, sind Idrijski žlikrofi, eine geschützte, Garantierte Traditionelle Spezialität. Zubereitet werden sie aus einem Ravioliteig, mit einer Kartoffel-Speckfüllung gefüllt und in der charakteristischen Hutform, ähnlich den Wiener ‚Schlickkrapferln‘, geformt. Wegen ihres guten Geschmacks sind žlikrofi bei vielen protokollarischen Ereignissen in Slowenien oft das Hauptgericht auf dem Tisch. Der Warnung des örtlichen Tourismusvereins kann ich mich nur wortwörtlich anschliessen „Nicht alle ‘zlikrofi’ sind ‘idrijski zlikrofi’ und nur die erlesenen ‘idrijski zlikrofi’ sind die echten ‘idrijski zlikrofi’ !

Meine sind natürlich echt. Und erlesen. Sogar handerlesen. Obwohl ich wenige Tage zuvor nicht den blassesten Schimmer davon hatte. Das Rezept stammt schliesslich aus dem Antrag zur Unterschutzstellung als GTS, aus dem Amtsblatt der europäischen Union. Lesenswert.

Offizielles Logo10ter mediterraner Kochevent - Slowenien - tobias kocht! - 10.07.2010-10.08.2010

Mein Beitrag zum Mediterranen Kochevent von Tobias.

Zutaten
(für ca. 120 Idrija Maultaschen)
für den Teig:
250 g Weißmehl
2 Eier
1 Elf. Olivenöl
wenig Wasser oder Milch nach Bedarf, so dass der Teig geringfügig weicher als normaler pastateig wird.

für die Füllung:
400 g (weichkochende) Kartoffeln,
80 g gehackter Räucherspeck oder Grieben (bei mir halb Räucherspeck, halb Lardo di Colonnata, etwas mehr als im EU-antrag steht
40 g gehackte Zwiebel
Schnittlauch, Schwarzpfeffer, Salz, Majoran.
zusätzlich 20 g braune Butter

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ich nahm halb Räucherspeck, halb Lardo di Colonnata

Zubereitung
für den Teig:
(1) Aus Mehl, Eiern und Wasser oder Milch wird ein Teig bereitet, der weicher sein sollte als Nudelteig. Der Teig wird so lange geknetet, bis er geschmeidig und elastisch ist und nicht mehr an Händen und Brett klebt. Wird er durchgeschnitten, muss er dicht und frei von Löchern sein. Dann wird aus dem Teig ein Laib geformt, den man mit Öl bestreicht und zugedeckt (damit er nicht austrocknet) mindestens eine halbe Stunde ruhen lässt.

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Vorbereitung der Füllung und Formung der Kügelchen:
(2) Die Füllung der „Žlikrofi“ wird aus gekochten Kartoffeln zubereitet, die warm durchgedrückt werden. Den noch warmen Kartoffeln werden die im Fett (Grieben oder gehackter Räucherspeck) gerösteten Zwiebeln beigefügt, anschließend die Gewürze (Salz, schwarzer Pfeffer) und Kräuter (Majoran, Schnittlauch). Alle Zutaten werden gut verrührt, bis eine geschmeidige Mischung entsteht. Die Füllung darf weder bröckelig noch zu weich sein; erforderlichenfalls wird daher noch Fett hinzugefügt. Bei mir 20 g braune Butter. Von Hand wird die Füllung zu gleichmäßigen Kügelchen mit ca.  1,5 cm Durchmesser geformt.

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Formung der ‘idrijski zlikrofi’:
(3) Nachdem der Teig geruht hat, wird er auf rund 1-2 mm Dicke ausgerollt. Maschine Stufe 6-7. Auf die ausgerollten Teigbahnen in ca. 8 cm Breite, werden in passenden Abständen (ein Fingerbreit) die aus der Füllung geformten Kügelchen gesetzt. Der Teig wird umgeschlagen und mit den Zeigfingern beidseitig zwischen den Kügelchen niedergedrückt, so dass einerseits die Luft herausgedrückt wird, andererseits der Teig  zusammenklebt. Zuletzt werden die Schliesskanten zusammengedrückt. Dann wird überschüssiger Teig weggeschnitten, die Ravioli auf die Schliesskante gestellt und mit dem Zeigfinger eine kleine Vertiefung (Delle)  in den Teig gedrückt. So erhalten die „Žlikrofi“ die charakteristische Hutform. Ungekocht sind die typischen „Idrijski žlikrofi“ maximal rund 3 cm lang und in der Mitte 2 cm hoch.

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Kochen von ‘idrijski zlikrofi’:
(4) Die ‘zlikrofi’ schüttet man ins kochende Salzwasser, rührt um, sobald sie im Wasser schwimmen und wieder aufkochen, sind sie bereit. Sie müssen sofort serviert werden. Traditionell werden sie serviert mit einer Art Lammragout, aber auch mit in Butter gerösteten Brotkrumen, wie bei mir.

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Die Mätresse ? eine Bewohnerin aus Idrija, Eva Lucija Cecilija Viktorija Emilija Kraus, war einige Zeit die grosse Liebe von Napoleon Bonaparte. Verkleidet als Leutnant hat sie ihn zu einigen Schlachten begleitet. Und weil die Hütchen wie Napoleons Zweispitz aussehen…. ach was, Legende. Die Dinger schmecken hervorrragend gut, mit einem Wort: Staatsempfangstauglich.

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53 Kommentare zu „Idrijski žlikrofi, Maultaschen aus Idrija oder die Hütchen des Liebhabers der Mätresse“

  1. I bi schwer beiidruggt und total fasziniert vo dine Usfiehrige (inkl. de Link), dinere Umsetzig und de Helge vo däm Lälle-Brächer. Ganz grosses Kino !
    Mit em Nochebaschtle wir‘ i mir no e bizzeli Zyt lo bis‘ i eglai meh Zyt ha.

  2. Was für Kunstwerk! Ich habe den Eindruck, dass da eine eher schwere Füllung durch eine elegante Hülle einen ganz leichten Anschein bekommt. – Aber, is‘ ja klar, sind ja auch die Echten…

  3. Those little ravioli are fantastic! You really did a great job here. That is a wonderful speciality.

    Cheers,

    Rosa

  4. Da hast Du aber was feines entdeckt! Gefällt mir sehrsehr gut. Und ich finde ja, dass die weniger wie Hüte aussehen, sondern wie mit einem akuraten Handkantenschlag drapierte Sofakissen :).

  5. Ein sehr interessanter Vorschlag, aus deftigen,aber viel zu voluminösen Speckknödeln doch noch ein elegantes Gericht zu machen, indem man die Menge Kartoffelteig-Speck minimiert und in zarte Pasta packt. So übersteht man das Essen auch ohne Biska.

  6. Robert, Du bist mal wieder einsame Spitze! Was Du alles ausgräbst, bastelst, fotografierst und beschreibst – ich bin auch hin und weg!!! 🙂

  7. Die moechte ich auf jeden Fall in meinem Leben noch essen – vielen, vielen Dank auch fuer das Amtsblatt. Ist ja umwerfend wenn Gerichte politisch, rechtlich beschrieben werden.

  8. Super, wie immer. Wir wollten nach Slovenien reisen, haben es aber wegen Arbeit und Garten letztendlich bleiben lassen. So haben wir doch, vorläufig nur bildlich, etwas von dort mitbekommen.

  9. Die Teile sehen wirklich sehr gut aus.
    Ich hätte nicht gedacht, dass die italienische Vielfalt noch erweitert werden kann.
    Aber wie kommt man dazu, das europäische Amtsblatt zu lesen?
    Gehört das zu Deiner regelmäßigen Lektüre?

  10. Die Kügelchen sehen aus wie Mini-Knödel. Da hast du dir wieder einmal Mühe gegeben. Das Ergebnis sieht hervorragend aus.

  11. Sehr elegant, wenngleich der Name mich an isländische Vulkane erinnert, was das Aussprechen angeht 😉 Toll!

    Viele Grüße und schöner Tag noch,
    Juliane

  12. Wieder mal großes Kompliment für deine Fingerfertigkeit und Geduld! Ich bin auch hin und weg…
    Viele Grüße

  13. Ich hätte nicht gedacht, dass sich Anträge an die EU wie Kochbücher lesen können. Wie bist Du denn darauf gestoßen?

  14. @Basler Dybli: Lass Dir Zeit, die europäischen Verordnungen werden nicht so schnell gelöscht.

    @nata: die Kartoffeln sind, entgegen landläufiger Meinung, gar nicht schwer.

    @kitchenroach: wirf Dich nicht an die Hütchen 😉

    @Rosa: sie haben uns auch sehr geschmeckt.

    @Alex. so schnell ?

    @Toni: ich dachte eher an Katzenöhrchen.

    @duni: Mistel-Trester hab ich noch nie getrunken.

    @sammelhamster: Danke, mich freut es immer, wenn ich so etwas finde.

    @Barbara: warum denn so schnell weg ? Ihr dürft ruhig bleiben 🙂

    @Jutta Lorbeerkrone: das ist schon das zweite, tolle Rezept aus dem Amtsblatt. Die Pizza napoletana war das erste.

    @Hunk: Chemik(er) und Universaltalent. Von allem ein wenig, nirgendwo wirklich gut.

    @Erich: Bei der nächsten Reise wirst Du sie bestimmt essen wollen.

    @Luxurius: Seit der pizza napoletana geh ich immer mal wieder gucken. Ein tolles Kochbuch. Alles präzise beschrieben und authentisch.

    @tobias kocht: das ist das Schöne an den events, man kommt auf Dinge, die man sonst nie finden würde.

    @Freundin: Danke. Jede unbekannte Pastasorte muss bei mir durch.

    @Magdi: das war ein Sonntagsessen.

    @Suse: Daran isst man schon 2-3 mal. Ich kann mich in solche Aufgaben richtig verbohren.

    @Juliane: sie halten gut zusammen, da explodiert nichts 🙂

    @Petra: Leider nichts für eine mehrköpfige Familie.

    @SchnickSchnackSchnuck: Im Alter lernt man Geduld.

    @Susa: Seit ich bei Echte Pizza Napoletana das erste Mal zufällig draufgestossen bin, schaue ich immer mal wieder rein.

  15. Bei meiner Suche nach slowenischen Gerichten bin ich auch auf die Hütchen gestoßen. Aber so schön erklärt und bebildert habe ich es nirgendwo gesehen. Danke!!!

  16. Mensch Robert, du warst zu schnell! Oder ich hab getrödelt. 😉
    Bei „hervorragend gut“ kann ich dir allerdings zustimmen, selbst in meiner nicht so wirklich originalgetreuen Variante.

  17. Das war ja mal wieder ein Großkampftag in der Küche der Familie L. Chapeau! Bild Nr. 4 gefällt mir am allerbesten.

  18. Auf diese Überschrift bin ich wirklich neidisch, das hat ja literarische Qualität. Also wenn žlikrofi, garantiert „schlikrofi“ ausgesprochen, nicht slowenisch für Schlickkrapfen ist, dann kann ich wirklich kein Wort slowenisch 🙂 Wobei die Schlickkrapfen wahrscheinlich wiederum auf die italienischen Ravioli zurückgehen …

  19. Soso, der Liebhaber hat solche Hütchen getragen!? Mhm, lecker… 😆 Ich will auch Mätresse werden und mir einen Liebhaber zulegen, der solche Hütchen trägt… ob das sehr stressig ist!? 😉

  20. Heute hast Du den Schwaben und manchem Star-Food-Fotographen den Rang abgelaufen …

    (Ich werde mir definitiv eine Nudelmaschine zulegen!)

  21. Als Wienerin muss ich Einspruch erheben, auch wenn ich diese Spezialität gerne als Wienerisch sehen möchte.
    Aber irgendwie Österreichisch ist es doch, gehörte die Region früher zum Herzogtum Kärnten.
    Das ist dann gleich die Überleitung dazu, dass man in Kärnten zu den gefüllten Nudeln Schlickkrapferln sagt und in Tirol nennt man sie Schlipfkrapferl. Die Wiener Mätressen aßen den Nudelteig nur in Strudelform. Diesen gibt es aber auch in gekochten Varianten, die als Suppeneinlage zum Einsatz gelangen – siehe Lungenstrudel. Der wird leider kaum mehr angeboten, weil zu viel Arbeit und weil die Leut heutzutage keine Innereien mehr mögen. Leider!

    Sonst bin ich schwer beeindruckt und warte auf den nächsten Liebhaber der sich mit einem solchen Hut am Kopf zu erkennen gibt.

    1. Meine gross-gross Muter: WERNBERGER sind žlikrofi aus Romunien mitbringen zwichen Jahr 1810 und 1850. Ich moechte jetz pruefen mith histirische Dokumenten.
      Fuer witere information: rasto.reven@re-mi.si

  22. Die Ethnologie der „Krapfen“ sollte man sich mal näher ansehen 😉

  23. @nina: für den Hausgebrauch darf man sie auch etwas grösser formen. Ist einfacher und geht schneller.

    @bee: den älteren Tricorne hatten wir ja schon, fehlen mir nur noch die Zylinder.

    @nesrin: gibt nicht mehr Arbeit als gewöhnliche Ravioli.

    @Linda: die fallen einem auch als erstes auf, wenn man nach slowenischer Küche sucht 🙂

    @Evi: wir haben sie beide am Sonntag gemacht 🙂 und spazieren am selben Tag über die Ziellinie. Wenn das nichts bedeutet !

    @Buchfink:
    @Ursula:
    normaler Sonntag, ich alleine in der warmen Küche, ohne Hut.

    @Petra: Die literarische Qualität erschöpft sich im Lautmalerischen des Titels 😉

    @Elisabeth: sehr stressig ! Davon muss ich Dir abraten. Die Literatur ist voll negativer Beispiele, wie z.B. die Kameliendame oder die hier genannte Gräfin.

    @Christine: ein weiser Entscheid und anhaltender Quell der Freude 🙂

    @entegut: habs doch gedacht, dass Du darüber mehr weisst, als was ich im Internet zusmmenkratzen konnte. Zweispitz-bedeckte Liebhaber gibts nur noch in der Oper.

    @aftenstjerne: Du meinst Krautkrapfen ? 🙂

    1. „Zweispitz-bedeckte Liebhaber nur mehr in der Oper“ und schon wieder im Leben zu spät dran. 🙂

      Dafür essen wir gut, das soll ja der Sex im Alter sein…..

      “ Unterschiede zwischen Tirol und Wien“ – das sag einmal einem Tiroler, der macht dich einen Kopf kürzer!

  24. Es ist ja alles schon gesagt, aber das ist wieder einmal ein beeindruckendes Zeugnis Deiner Küchen- und Kochkunst. Ich weiß ja auch nicht, ob ich’s mal erwähnt hab‘, aber Du bist „schuld“, dass ich selber kochblogge. 😉

  25. Als soeben selbst ernannte Ministerin für Ernährung, Haushalt und Kochen stelle ich einen Antrittsbesuch in der Schweiz in Aussicht.

  26. Lammragout würde diese bezaubernden „Hupferl“ schlichtweg ertränken. Ich glaube, so was Feines muss man pur genießen, mit geschmolzener Butter klingt das überirdisch gut.

  27. @mestolo: ogottogott. Ravioli füllen ist doch keine Küchen- und Kochkunst 🙂 Hingegen nehme ich die Schuld auf mich und bin sogar stolz darauf !!!!

    @Jutta: wurde ja Zeit, dass der schlingernden Regierung mal jemand sagt, was Ernährung heisst. Frau Ministerin, der Teppich ist ausgerollt.

    @Sophie: die slovenischen Bergarbeiter wollten halt schon noch was kräftigendes zu dem Kartoffelpüree 😉

  28. Ente hat recht: sowas wie diese unausprechlichen und entzueckenden Nudeltascherl hats in Wien nie gegeben: Schlickkrapfen, Schlutzkrapfen, Schlicker, Schlutzer … gibt es traditionell in Ost- und Suedtirol. In Kaernten als Kaerntner Nudeln, im Friaulischen als Calzjauns. In Wien haben Nudeln eher ungefuellt Tradition, pannonisch inspiriert, als kleine Nockerl mit Brimsen z. b.

  29. Ohh, sehen die lecker aus !
    Aber wie lange hat es gedauert, davon 120 Stück herzustellen ? Ich habe ein einziges Mal Kürbisravioli gemacht und habe für eine Portion für 3 Erwachsene und 2 Kinder ca. 2 Stunden gebraucht …
    Vielleicht traue ich mich doch mal ran, obwohl ich wahrscheinlich den ganzen Vormittag brauchen werde …

    Liebe Grüße,

    Katrin, die ebenfalls diese Geduld und Fingerfertigkeit bewundert

  30. Die Maultascherl sehen so gut aus und wurde von mir so einzigartig in Szene gesetzt… absolut schützendwert!

  31. @Eline: aus der fernen Provinz betrachtet, sind die Unterschiede zwischen Wien und Tirol für Landesunkundige nur sehr schwer wahrzunehmen 😉

    @tekelek: 2-3 Stunden muss man schon einsetzen, Handarbeit braucht seine Zeit.

    @Andreas: es gäbe noch so viel zu schützen 🙂

  32. Erinnerungen an meine Kindheit! Immer wenn wir meine Tante in Slowenien besucht haben gab es extra für mich Žlikrofe. Danke für die Veröffentlichung diese Rezeptes.

  33. Congratulations!
    As a local (from Idrija) chef, and culinary instructor I have no comment. I would say that a lot of locals are not able to make such a nice idrijski žlikrofi as you did.

    Wish you all the best,

    Boštjan Novak, Idrija, Slovenia

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