Die wohltemperierte Chocolade

SchokoschmelzeMatt, grau mit weissen Schlieren. Essbar, aber unappetitlich anzusehen. Das waren meine allerersten Ingwerpralinen vor etwa 2 Jahren. Um meine Schmach auszubügeln, habe ich versucht, mich schlauer zu machen, fleissig recherchiert und Pralinen hergestellt. Offensichtlich ist das Schmelzen und Temperieren von Schokolade heikel, nicht umsonst gilt das Handwerk des Chocolatiers als Kunst. Diese Kunst ist aber auch für Nicht-Schokoladenprofis besser verständlich, wenn man weiss, was da eigentlich vor sich geht. Vielleicht hilft meine Recherche auch anderen Schokoladefreunden.
Schmelzen
Zunächst muss die Schokolade zerkleinert werden, damit der Schmelzprozess schneller abläuft. Für das Schmelzen wird vorzugsweise ein Wasserbad (bain-marie) verwendet. Die Schokolade kommt in den Einsatz, die Wasserbadtemperatur wird auf 50-60°C gehalten.
Beim Schmelzen ist darauf zu achten, dass die Temperatur in der Masse genügend hoch ist (45°C) und solange beibehalten wird, bis alle Kakaobutterkristalle geschmolzen sind. Dabei darf die Kakaobutter-Emulsion aber nicht durch Überhitzen zerstört werden. Das passiert, wenn die Temperatur über 50°C steigt.  Mikrowelle oder Backöfen sind weniger geeignet, da die Temperatur damit nicht ausreichend kontrolliert werden kann.
Temperieren Wasserbadmethode
Kakaobutter kommt in verschiedenen kristallinen Formen vor, die unterschiedliche Schmelzpunkte und Härte aufweisen. Ziel des Temperierens ist es, möglichst jene Kristallformen heranzuzüchten, die auf dem Gaumen weich schmelzen, bei höherer Raumtemperatur nicht wegfliessen und beim Abbeissen nicht beinhart sind.
Beim Temperieren wird die vollständig geschmolzene Masse im Einsatz in ein zweites Wasserbad gestellt, welches Wasser von Raumtemperatur enthält. Die Masse wird nun kontrolliert auf genau 28°C abgekühlt.  Bei dieser Temperatur beginnt die Kakaobutter in vorwiegend zwei Modifikationen zu kristallisieren. Während des Kühlens wird dauernd gerührt, damit sich möglichst viele kleine Kristallkeime bilden können. Dabei nimmt die Viskosität der Masse zu. Kurz bevor die Schokolade anzuziehen beginnt, d.h. wieder fest wird, wird die Masse wieder erwärmt, indem man sie in ein drittes Wasserbad stellt, dessen Temperatur etwa 35°C beträgt. Sobald die Masse unter stetem Rühren 32°C erreicht hat, ist sie bereit zur Verarbeitung und muss auf dieser Verarbeitungstemperatur gehalten werden. Durch das erneute Erwärmen schmilzt die beim Abkühlen mitkristallisierte, tieferschmelzende, unerwünschte Kristallmodifikation wieder weg und wandelt sich in die höherschmelzende, erwünschte (β-V)-Modifikation um.
Profis benutzen heute zum Schmelzen und Temperieren meist den Temperierapparat. Daneben gibt es noch andere Methoden wie die Tabliermethode oder die Impfmethode. Näheres dazu und weitere interessante Informationen und Tipps unter Chocoland.

Verarbeitungstemperatur
Verarbeitungstemperatur: 32°C für dunkle Schokolade, 31°C für Milchschokolade.
Wird die Schokolade beim Temperieren um mehr als 0.5°C über die Verarbeitungstemperatur hinaus erwärmt, zerstört man das empfindliche Gefüge der Kakaobutteremulsion und der Temperiervorgang muss wiederholt werden.

Abkühlen
Die Temperatur im Arbeitsraum sollte um die 20°C liegen. Auf ein rasches Abkühlen ist zu achten, sonst diffundiert die Kakaobutter an die Oberfläche und bildet weissliche Fettreifen der unerwünschten Kakaobutter-modifikation. Ferner ist darauf zu achten, dass der zu überziehende Pralinenkern Raumtemperatur hat. Ist er zu warm, werden die Pralinen stumpf oder überziehen sich mit Fettreif.
Wenn alle Vorgaben eingehalten werden, so resultiert ein perfekter, zartschmelzender Überzug mit mattem Glanz, ohne Grauschleier.

Alles klar ? dann nichts wie los mit meinen Rubis de Gingembre als erstem Übungsobjekt.

Weiterführende Literatur
Yuantong Zeng, 2000, ETH-Dissertation Nr. 13798
Peter Barham: Letzte Gehmeinisse der Kochkunst, 2005, Piper

5 Kommentare zu „Die wohltemperierte Chocolade“

  1. Tja, soweit bin ich auch gekommen mit meinem heroischen Selbstversuch….. nur, wie hältst Du die Verarbeitungstemperatur? Evtl. mit Wärmeplatte?

    Beste Grüße

    Küchendomina

  2. @Küchendomina: wie bei den Rubis de gingembre beschrieben, mit Hilfe des Wasserbads. Wenn die Schokomasse 32°C erreicht hat, das Wasserbad vom Feuer ziehen (auf ein Holzbrett), wenig kaltes Wasser ins Wasserbad mischen, bis die Wasserbadtemperatur 32°C beträgt, dann hält die Temperatur in der Schokomasse längere Zeit.

  3. Ahhhhhhhhhhhh, vielen Dank lamiacucina, hatte Dein Rezept nur überflogen, gestern Abend gleich chocoliert und es ging wunderbar… werde es aber nochmal mit meiner Wärmeplatte testen.. müßte doch auch gehen…hast mir aber sehr weitergeholfen und damit auch auf die Sprünge.

  4. @Küchendomina: Schokomasse direkt im Topf auf der Wärmeplatte ? So fein wird Du die wohl kaum regulieren können. Glaube nicht dass das geht.

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