Julianischer Kartoffelsalat, wie Frau L. ihn liebt

Kartoffelsalat Frau L.
Kartoffelsalat Frau L.

Der Titel spricht das Dilemma schon an: In dieser Familie koexistieren zwei Kartoffelsalate. Mehr oder minder friedlich. Frau L. ihrer und meiner. Frau L. findet ihren besser, ich den meinen. Mal darf meiner, heute darf Ihrer. Frau L.’s schweizerischer Kartoffelsalat. Mit Wiener-würstchen, die, wie ich in einem andern Blog gelesen habe, in Wien, aber auch anderswo Frankfurter-würstchen heissen, während die Wiener-würstchen in Frankfurt….. egal, um diese gehts gar nicht, sondern um gewöhnlichen, schweizerischen Kartoffelsalat. Den Ur-salat aller Kartoffelsalate. Ähnlich aussehende, aber hoch elaborierte Kartoffelsalatvarianten sind jüngst in Eva Deichrunner’s Küche und bei Franz von einfach koestlich, letztes Jahr beim Spezialisten für schwäbischen Kartoffelsalat, Ulli, in RezKonvSuite erschienen. Alles Derivate des schweizerischen Ur-Kartoffelsalates. Und wer hat diesen Ur-Kartoffelsalat erfunden ? Richtig. Julius Maggi, ein Schweizer, bzw. dessen Versuchsküche. „Mit Maggi ist gut Kartoffel essen“ sangen schon unsere Grossmütter. Und der Frau L. ihr Kartoffelsalat knüpft unmittelbar und in gerader Linie an das Erbe des grossen Julius Maggi an, ein julianischer Kartoffelsalat sozusagen.
An ihren Kartoffelsalat lässt mich Frau L. nicht ran. Den traut sie mir nicht zu, bzw. sie traut mir nicht über den Weg, dass ich ihn unverändert lasse. Sie kennt mein kocholympisches Streben. Immerhin durfte ich ihr zuschauen und Notizen machen.

Zutaten
(2 Personen)
400 g festkochende Kartoffeln (zur Zeit Amandine)
ca. 1.5 dl kräftige, gesalzene, heisse Gemüsebrühe

für die Salatsauce:
2 Elf. Obstessig
2 Elf. Sonnenblumenöl
1 Tlf. Dijon-Senf
1/2 kleine Zwiebel, fein gehackt
Salz, Pfeffer
1-2 Spritzer Maggi, Sommers wie Winters

1 Büschel Schnittlauch zum Überstreuen

Beilagen:
Heisse Wiener Würstchen (für die Zubereitung wende sich der geneigte Leser vertrauensvoll an den Metzger)
geriebener Meerrettich
Senf

Zubereitung
(1) Die Kartoffeln im Sieb über Wasser garen. Die Pellkartoffeln noch heiss schälen und von Hand in ca. 3 mm dicke Scheiben schneiden. Sofort mit der heissen Brühe begiessen und 15-30 Minuten ziehen lassen. Gelegentlich umschwenken, nicht umrühren. Die Kartoffelscheiben sollen allseitig Brühe abbekommen. Zusammenklebende vorsichtig mit dem Messer trennen. Danach überschüssige Brühe (Hand an den Schüsselrand halten) abgiessen. Die nachfolgend zugefügte Saucenmenge wird damit unabhängig vom Wasseraufnahmevermögen der Kartoffelsorte.
(2) Indessen die Zutaten der Salatsauce mischen und die Sauce vorsichtig unterziehen. Keinen Kartoffel-Brei anrichten ! Mit Schnittlauchröllchen überstreuen.

Anmerkung
Das Herz bricht mir, wenn ich dem von mir sonst so bewunderten Mentor des schwäbischen Kartoffelsalats, Bernd Neuner-Duttenhofer-Meuth zusehen muss, wie er aus Kartoffelsalat durch heftiges Mischen und Mantschen Kartoffelbrei macht. Übertroffen noch vom Bayern Alfons Schuhbeck, der gleich noch einige Kartoffelscheiben in die Sauce püriert. Andere Länder, andere Sitten, das wird so gewollt sein in Schwaben oder Bayern. Was weiss ich schon vom Norden ? Nichts ! Ausser dass heute von der Nordgrenze her stürmisches Wetter angesagt ist, deshalb habe ich meinen Eintrag vorsichtshalber mit dem tag „Nonsens“ versehen und werde das Haus nicht ohne Schirm verlassen.

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27 Kommentare zu „Julianischer Kartoffelsalat, wie Frau L. ihn liebt“

  1. Interessant finde ich, dass die Kartoffeln nur in der Brühe ziehen, in den Varianten die ich kenne, wird meist schon hier Essig zugegeben, damit das Säuerliche länger einwirkt.

    Zur Anmerkung: Da muss dem Betreiber dieses Blogs ja das kalte Grausen kommen, wenn er in den „richtigen“ Norden kommt. Dort machen wir den Kartoffelsalat mit Mayonnaise!

  2. Dieser Kartoffelsalat sieht lecker aus, wie alles von dir, aber er wäre mir ein wenig zu nackig- Maggi erinnert mich an meine Kindheit, seitdem sehe ich es nur noch in den Läden ! 8)

  3. JA, JA, JA – Maggi muß rein. Ich als Maggi-Kind der 3. Generation (mein Großvater und meine Mutter haben dort gearbeitet) stimme dafür!

    Das einzige „Fertigprodukt“ in meiner Küche, das in ausgewählte Speisen rein muß!

  4. Herrliche Geschichte! Ich bekam übrigens vor längerer Zeit einmal einen geriebenen, schwäbischen Kartoffelsalat vorgesetzt. Von einem Schwaben natürlich. Im Grunde war das mit Kräuteressig versetzter Kartoffelbrei 😉

  5. Aus irgendwelchen Gründen gilt in der deutschen Küche der schwäbische Kartoffelsalat als das Maß aller Dinge, besondern, wenn er die Konsistenz „schlonzig“ hat, also ein gesäuertes, lauwarmes Kartoffelpüree ist. Ich mag das nicht, genau so wenig wie ich meine, dass Speckwürfeln, Äpfel, Essiggurkerl in den Salat gehören.

  6. Lecker sieht das aus und ‚meinem‘ ja sehr ähnlich! Was Kartoffelsalat anbetrifft werde ich hier im Norden nie heimisch werden – ich kann weder Kartoffel- noch Nudelsalat mit Mayonnaise essen – eine Kindheit mit schwäbischen Eltern hinterlässt bleibende Spuren 🙂
    Wann verrätst du uns deine Variante??

  7. Ja, so liebe ich ihn auch. Auf jeden Fall ohne Mayonnaise.
    Schlichtes Gericht und immer wieder lecker.

  8. Und nochmal zu Bernd Neuner-Duttenhöfer-Meuth: er wirkt auf mich sowieso immer eher wie ein Handwerker denn ein Koch.
    Davon abgesehen sind mir Menschen mit Triple-Namen doch etwas suspekt… ;)))

  9. Obwohl ich Schweizerin mag ich den Brei-Kartoffelsalat. 😉 Aber Frau L.’s Variante würde ich natürlich auch sofort essen.

    Mein Metzger weiss nicht wie man Wienerli kocht. Ich erhitze sie deshalb über heissem Wasserdampf, da platzen sie nicht, oder nur selten.

  10. Sehr schön, also eines der einfachen Gerichte, ohne die Du nicht leben kannst. Auch bei uns mit Bouillon.

  11. Gibt es denn demnächst dann auch das Konkurrenzrezept im Blog?

    Frau L.’s würde ich auf jeden Fall nicht auf dem Teller liegen lassen, den Brei-Kartoffelsalat aber genausowenig 😉

  12. ja ja Maggi… hab bei tv gusto letztens einen bericht über ihn gelesen und wurde belehrt, dass es „maji“ aus gesprochen wird. auch wenn ich so etwas nicht zuhause habe, wurde ich dennoch belehrt – auch zur soße. kann mich dunkel daran erinnern, dass meine eltern so ein fläschen ab und zu im schrank hatten. auf nem kartoffelsalat kann ich mir maggi gut vorstellen. ist zwar ein fertigprodukt, aber auf manchen sachen passts!

  13. Ich denke, die Maggizugabe hat den Zweck, die umami-Noten, die nicht zuletzt durch die Brühe zum Salat kommen, zu verstärken. Ein Spritzer Soyasauce hätte den gleichen Effekt und vermutlich den gleichen Geschmack, wäre aber dann doch wohl zu exotisch.

  14. @JR: für saure Rädle hat RezKonvSuite eben ein Rezept publiziert. Mayonnaise kann ich pur aus der Tube essen wenns sein muss 🙂

    @ultraistgut: bei uns gabs ausser Salz und Maggi keine Gewürze, drum erinnere ich mich so gerne an die Kindheit 🙂

    @Nathalie: „das in ausgewählte Speisen reinmuss“. So ist es.

    @Claudia: wie immer auch, mit Kartoffeln ist alles möglich.

    @Duni: es kommt noch schlimmer, in meinem Kartoffelsalat hats mixed-pickles.

    @Hedonistin: Mayo ? also haben die Germanen, nicht die Türken Wien belagert.

    @Eva: Du warst schneller. Meinen hab ich eben preisgegeben, aber da ist noch ein weiterer.

    @Sabine: als Kochtagebuch kommen in einem Blog halt auch einfache Gerichte. Fast alle Köche sind Handwerker, da schliesse ich mich ein. Hast Du mehr erwartet ? Den Tripelnamen hab ich ihm verpasst. Julius Maggi war auch zweimal verheiratet.

    @zorra: ich esse ihn auch, jeder darf wie er will. Bei 80°C in heissem Wasser ca. 20 Minuten passiert auch nichts.

    @Houdini: Das ist südlich der Rheingrenze halt so.

    @Marcie: Gelegentlich, bis Mitte September bin ich ausgebucht.

    @nysa: Deine Ausspracheregel gilt nur in Deutschland. Julius Maggi hatte italienische Wurzeln.

    @duni: so wird es sein, wobei Maggi dann doch noch die spezifische Liebstöckelnote reinbringt.

  15. Nun, abschliessend möchte ich meinen Respekt ausdrücken, dass Dir, lieber Robert, nun doch fast der ultimative – weil hessische – Kartoffelsalat gelungen ist.
    Mayonnaise, Gurken, Mixed Pickles (??) und ähnliche Verirrungen überlassen wir ruhig der kulinarischen Diaspora – Norddeutschland, Bayern, Österreich (als Heimat der Mayonnaise).
    Einzig Speck könnte geduldet werden.
    Für den Geschmack.

  16. einspruch! österreich als heimat der mayonnaise? was ist denn das für ein ausgekochter blödsinn? mayonnaise gibt’s übrigens auch in japan… haben die sicher nicht von uns. und ich gestehe: ich kann mayonnaise aus der tube und die meisten aus dem glas nicht leiden – aber selbst gemachte (und dummerweise die vom japaner) liebe ich. und wie! besonders zur avocado…

    aber zum erdäpfelsalat: in österreich gibt es mindestens zwei friedlich koexistierende varianten: der eine ist mit mayonnaise und wird interessanterweise bevorzugt zu extra fetten, panierten gerichten wie gebackener leber (auf gut wienerisch: bachleber) oder gebackenem fisch (natürlich am freitag, meist scholle, darf aber ruhig was fetteres sein) serviert, meist ist schnittlauch obenauf zu finden. der andere ist der mit der rindssuppe, dem geschmacksneutralem öl und dem hesperidenessig. dazwischen gibt es unzählige varianten (mit kernöl ist eine der spannenderen). wenn in einer davon speck vorgesehen ist, dann ist es meist eine lauwarme salatvariante – ich mag speck aber lieber in gerichten mit gebraten als mit ersoffenen erdäpfeln. der geschmack kommt ohnehin von der suppe.

    die wichtigste regel ist aber: nie-, nie-, niemals darf der erdäpfelsalat – in welcher variante auch immer – kühlschrankkalt sein.

  17. Interessantes Rezept und auch die Kommentare sind sehr aufschlussreich! Ich will ja keinen Erdapfelsalatkrieg anzetteln, aber PFEFFER is Pflicht bei mir. Egal, ob mit Essig & Öl oder Mayo. Natürlich nicht kühlschrankkalt sondern „kellerkalt“, so wie Traubisoda. 😉

  18. Der Kartoffelsalat wäre also eine schweizer Erfindung? Ich dachte immer, er käme „original“ aus Österreich, weil er die einzig vernünftige Beilage zum (trockenen) Wiener (Schnitzel) ist.
    Wird Kartoffelsalat und Würstel nicht eher in Deutschland gegessen?
    Ich versteh die Welt nicht mehr und hole mein original (amerikanisches) Erdäpfelsalatrezept aus der Versenkung. 😀

  19. Also Kartoffelsalat ist meiner Meinung nach eine deutsche Erfindung. Es kann ja durchaus sein, dass der gute Herr Maggi ihn auch zum Testen seiner Sauce fabriziert hat.

    Aber lassen wir das. Es sieht seht köstlich aus. Ich könnte da gerade reinbeißen. Sehr gut finde ich übrigens, dass der Salat eher (kalorienmäßig) leicht ist – also keine Mayo enthält.

  20. @fressack: ich koche bald mehr hessisch als italienisch 🙂

    @katha: Kulturgeschichte des Kartoffelsalats, eine Buchlücke.

    @badtothebone: also Raumtemperatur bei dem heurigen Sommerwetter.

    @entegutallesgut: auch die Wiener Würstchen sind so trocken, deshalb der Kartoffelsalat.

    @mipi: Mag ja sein, aber den Durchbruch hat der Kartoffelsalat erst mit der M-würze geschafft 🙂

  21. Bei Kartoffelsalat kann ich einfach nicht schweigen.

    Du weißt, bezgl. Maggi bin ich der gleichen Meinung wie Du. Im Sommer kann man allerdings auch Maggikraut (Liebstöckel) nehmen, der Geschmack ist allerdings derselbe.

    Der schwäbische Kartoffelsalat ist allerdings schon etwas anders als der von Frau L., obwohl ich auch den nicht verachten würde. Beim schwäbischen müssen die Kartoffelrädchen gleichmäßig ziemlich dünn und durch sein, dadurch ist die Gefahr natürlich größer, dass sie bei allzu stürmischen Anmachen zerbrechen (siehe Meuth-Dutenhofer).

    Und ganz wichtig, er muss beim Anmachen regelrecht ’schwätzen‘, d.h. quietschen, dann hat er die richtige Konsistenz, weder zu trocken, noch zu nass. Das ist übrigens mit ’schlonzig‘ gemeint, nicht etwa, dass es ein Kartoffelbrei sein soll.

  22. 1. mit Mayo geht gar nicht, auf keinen Fall!
    2. lieber geschwenkt als gerührt, hartnäckig zusammengeklebtes mit zwei Messern trennen, das hab ich von meiner Stiefmutter aus Straßburg

    Fazit: ich gehe 100% konform mit Frau L. So hab ich das auch gelernt und so mögen es alle die ich bekoche. Ich glaube, mein Sohn liebt mich nur deswegen… ne, Schmarrn 😉

    Wenn ich noch in meiner Heimat Franken wäre, würde ich natürlich Bamberger Hörnle verwenden, aber das gibts hier nicht, leider

  23. @ulliwp: da sind unsere Salata ja nahe verwandt, beim nächsten Mal werde ich beim Mischen noch zuhören was denn da so geschwätzt wird.

    @elettra: es ist nicht nur der Kartoffelsalat der mich bei Frau L. hält 🙂 Von den berühmten Bamberger Hörnchen habe ich schon gehört aber noch nie welche gesehen. Wir müssen hier froh sein, wenn die Grossverteiler die Sorten überhaupt noch anschreiben und nicht nur mit 3 Farben (für die Kocheigenschaften) kennzeichnen.

  24. Ich darf es nun nicht versäumen, mich für dieses wunderbare Rezept zu bedanken. Schwäbischen Kartoffelsalat lauwarm mache ich schon seit einiger Zeit, aber der Trick mit der Fleischbrühe, der machts. Und dann habe ich mir extra ein Kunststoff-Salatbesteck gekauft, um die Kartoffelscheiben bloß nicht zu zermanschen.

  25. @april: Danke für das Lob. Ein alter Trick von Frau L.s Mutter. Wir sind beeindruckt, dass er in D nachgekocht wird, obgleich Köln nicht Stuttgart ist.
    Kunststoffbesteck benutzen wir auch, obgleich ich mich immer darüber ärgere, weil das Öl so anhaftet. Liebe Grüsse.

  26. Bei uns gibt es auch zwei divergierende Kartoffelsalat-Schulen in der Familie. Helmut aus Westfalen liebt die Mayo-Variante, ich natürlich meinen Wurzeln gemäß die schwäbische. Meistens gewinne ich – schließlich stehe ich ja am Herd 🙂 Bei mir ziehen die Kartoffelscheiben in Brühe, die mit Zwiebelwürfelchen und Essig einmal aufgekocht wurde. Erst am Schluss kommt das Öl dazu. Das muss schlonzig sein. Allerdings hat in meinem Kartoffelsalat Maggi nichts verloren 😉

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