Kushari, Aegyptisches Fast Food aus sieben Töpfen

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Im Zickzackkurs steuert Tobias seinen event durchs Mittelmeer nach Aegypten. Ich halte mich an ein  traditionelles Arme Leute Pastagericht, in ägyptischem Arabisch كشرى; übersetzt kusharī, koshary oder kosheri.  In Kairo wird es aus fahrbaren, bunt bemalten Handwägelchen auf der Strasse oder in Hunderten von stationären Garküchen geschöpft.  Angeboten in Plastikdosen oder auf Aluminiumtellern, ist es für Einheimische die billigste Möglichkeit satt zu werden. Kushari besteht typischerweise aus schwarzen oder roten Linsen, Reis, kleinen Nudeln (meist eine Art kurze Makkaroni), Kichererbsen und Röstzwiebeln. Die Zutaten werden separat gegart, aus den verschiedenen Töpfen zusammengeschöpft und mit Tomatensauce, Knoblauch-Essigsauce und einer scharfen Chilisauce gewürzt. Einzelne vermuten, dass das Gericht indischen Ursprungs sei und auf die Britische Präsenz im zweiten Weltkrieg zurückzuführen ist, andere verweisen auf den arabischen Forschungsreisenden und Märchenerzähler Abu Abdullah Muhammad ibn Battuta, der das Gericht bereits  im 14. Jhdt. erwähnt haben soll. Egal, im ägyptischen Blog Food-Jihad aus Kairo kann man sich ein Bild davon machen, wie das Resultat in besseren Garküchen etwa aussieht. Mein Rezept habe ich aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dem Hang mancher Autoren, alles zu vereinfachen, habe ich widerstanden und mit insgesamt 7 benutzten Töpfen und Herdstellen ein Riesen-Tohuwabohu angerichtet.

11ter mediterraner Kochevent - Ägypten - tobias kocht! - 10.08.2010-10.09.2010

Zutaten
Hauptmahlzeit für 2 Personen

für die Kichererbsen:
80 g Kichererbsen getrocknet (oder vorgekochte aus der Dose)

für den Reis:
100 g Rohreis
300 ml Hühnerbrühe
Salz

für die Linsen:
100 g Linsen, schwarz
1 kleine Zwiebel
wenig Olivenöl
1 Knoblauchzehe
1/2 Tlf. Kreuzkümmel
1 Elf. Weissweinessig
Salz, Pfeffer

für die Nudeln:
120 g Nudeln, kurze Makkaroni, bei mir Ditali
Salz

für die Tomatensauce:
1 Dose stückige Tomaten
1 Knoblauchzehe
1-2 Peperoncinoschote, entkernt
Olivenöl
Salz und Pfeffer
Je 1/2 Tlf. Kreuzkümmel, Zimt, Piment d’Espelette (der gehört da nicht rein, passte aber bestens)
oder wer hat
1 Tlf. Baharatgewürz

für die gerösteten Zwiebeln:
1 grosse, blonde Zwiebel
Olivenöl, Salz

für die Garlicky Essig-Knoblauchsauce:
folgende Zutaten vermischen:
2 gepresste Knoblauchzehen
2 Elf. Weissweinessig
2 Elf. Zitronensaft
1 Tlf. Kreuzkümmel gemahlen
1-2 Elf. Wasser
Prise Salz

für die hot sauce:
anstelle einer hot sauce habe ich Chiliöl, das ich sonst für die Pizza verwende, benutzt

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sämtliche Töpfe des Haushalts im Grosseinsatz

Zubereitung
(Topf 1) Kichererbsen am Vorabend in Wasser einweichen. Am nächsten Tag in frischem, gesalzenem Wasser etwa 60 Minuten leise köcheln. Abgiessen.
(Topf 2) Reis unter kaltem Wasser abspülen und abtropfen lassen. Reis mit gesalzener Hühnerbrühe in einem Topf zum Kochen bringen, dann Temperatur reduzieren und zudecken.  Total ca. 50 Minuten leise kochen unter gelegentlichem Umrühren. Falls die Flüssigkeit verdunstet, etwas Wasser in kleinen Portionen nachgiessen. Warmhalten.
(Topf 3) Die gewaschenen, schwarzen Linsen in einem Topf in gesalzenem Wasser knapp garkochen (etwa 20 Minuten), Wasser abschütten.
(Topf 4) Eine kleine gehackte Zwiebel in wenig Öl andünsten bis sie glasig ist, eine feingehackte Knoblauchzehe und 1/2 Tlf. Kreuzkümmel hinzugeben, kurz mitdünsten. Die Linsen und 1 Elf. Essig hinzugeben, kurz aufkochen und beiseite stellen. Warmhalten.
(Topf 5) Inzwischen die zweite, fein gehackte Knoblauchzehe und Peperoncinoschote in etwas Öl rösten. Die stückigen Tomaten samt Saft hinzugeben, 1/2 Tlf. Kreuzkümmel und 1/2 Tlf. Zimt hinzugeben und ungefähr 20 min zu einer dünnflüssigen Sauce kochen. Gegen Schluss die abgetropften Kichererbsen zugeben und mit Salz, Pfeffer, Kreuzkümmel, Zimt und Piment d’Espelette abschmecken.
(Topf 6) Zwiebeln streifig schneiden. 2 Elf. Olivenöl in einem Topf erhitzen und die Zwiebeln darin langsam, etwa 15 Minuten, anbraten, bis sie gut gebräunt, aber keineswegs so schwarz verbrannt sind, wie bei mir.  Auf Küchenpapier etwas entfetten.
(Topf 7) die pasta nach Packungsanweisung in gesalzenem Wasser al dente kochen. Abgiessen.

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Der Unterbau

(8) Und nun kommt die Zusammenstellung: Zuunterst kommen Reis und Linsen, im letzten Moment vermischt oder separat, darüber pasta auf den Teller, überdeckt von den gebräunten Zwiebeln. Zuoberst die Tomatensauce. Oder wenn die Zwiebeln nicht verbrannt sind, umgekehrt. Die Schichten sollen noch erkennbar bleiben.

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(9) Würzsaucen nach Belieben darüber träufeln.

Anmerkung
Wie die Amerikaner dazu sagen: Make it once, love it forever. Nach meiner Meinung ein wirklich ausgezeichnetes comfort food. Die unterschiedlichen Schichten haben alle ihren eigenen Geschmack, ihre eigene Textur. Die Knoblauch-Essigsauce muss unbedingt sein. Das Gericht ist, wenn man es perfekt zubereiten will, leider sehr Topfbräuchig.
Frau L. schmeckt das Gericht zusehr nach Orient, sie mag keinen Kreuzkümmel. Ihr fehlten darin die Kartoffeln, Topf (8) und Bohnenkerne, Topf (9) 🙂 , hätte überhaupt lieber Kartoffelrösti gehabt.

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36 Kommentare zu „Kushari, Aegyptisches Fast Food aus sieben Töpfen“

  1. Alles Dinge die ich mag. Aber nicht zusammen auf einem Teller. Aber wenn, dann lieber bei Dir, eine vertrauenserweckende ägyptische Garküche ist mir auf meinen Reisen noch nicht begegnet.
    😉

  2. Knapp geschlagen, ich hatte mir das gleiche Rezept schon von einer ägyptischen Freundin besorgt zum nachkochen.Da muss dann heute nochmal skype herhalten für was neues.
    Ich persönlich lieb es ja auch als Fastfood, mir ist aber normalerweise der Aufwand privat zu hoch – und es herscht auf meinem Herd eindeutig Platzmangel für 7 Töpfe 😉

  3. Nicht’s fürs schnelle Mittagessen! Töpfe hätte ich genug, das wäre nicht das Problem, aber eher die Zeit. Das wäre was für eine Einladung, denn es sieht lecker aus.

  4. Sieht für ein einfaches Gericht doch ziemlich aufwändig aus. Aber ich bin trotzdem begeistert: bei dir sehe ich regelmäßig Gerichte, von denen ich noch nie zuvor gehört habe. Der Nahe Osten lag auch bislang nicht wirklich auf meiner kulinarischen Landkarte…

  5. Darüber habe ich mal was im Fernsehen gesehen. Die Ägypter essen das mit großer Begeisterung. Ich dachte mir schon, dass das gut schmeckt. – Bei lamiacucina sieht es zudem auch noch gut aus.

  6. Gerichte mit verschiedenen Texturen und Geschmacksrichtungen mag ich sehr sehr gern. Für den alltäglichen Hausgebrauch werde ich mir wohl die Kichererbsen heraus picken, das liest sich fein.

  7. Bis auf die Nudeln kann ich mir den Rest gut in dieser Kombi vorstellen. Vor allem die Garlicky Essig-Knoblauchsauce klingt fein.

  8. So viele Töpfe?! Das ist anständige Garküche, das lohnt sich nur für viele Personen. Dürfen wir alle vorbeikommen?! 😉

    Ägypten kenne ich leider nicht wirklich, ich stelle mir diese Garküchen aber total interessant vor. Man darf nicht vergessen, dass Arme-Leute-Küche in diesem Land verbreitet ist, ein Großteil der Bevölkerung ist bitterarm.

  9. Das würde mir/uns auch sehr schmecken!!!
    Die gestern nachgekochten Gnocchi sind gelungen 🙂
    Danke

  10. Für manche Gerichte lohnt sich der Erwerb eines vierten Schneebesens, hier plant man am besten vorher den Umzug in eine Wohnung mit großer Küche 😉

    Bei so einem Aufwand, immerhin für Fast Food, bräuchte es schon einen Esser pro Topf, sonst lohnte es kaum. Und man muss es ja auch warm halten können.

  11. @Arthurs Tochter: wie ich gelesen habe, lieben die Araber das morgens, mittags und abends zu essen.

    @schnapperin: ohje. Das kann passieren. Mit einer ägyptischen Freundin bist Du wenigstens nicht verloren. Als Hausmacherversion könnte man das Gericht auch weniger aufwendig herstellen.

    @sammelhamster: Töpfemangel kann durch Putzhilfen ausgeglichen werden.

    @Peter: ich habe auch nur 4 Herdplatten. Mit diesem Gericht könnte man Sportvereine abfüttern.

    @Magdi: der Zeitaufwand war nicht besonders gross. die einzige Schwierigkeit war, die Übersicht nicht zu verlieren.

    @Andrea: Dir zum Trost, bis vor einer Woche habe ich von diesem Gericht noch nie gehört.

    @Rosa: auf die Gesundheit habe ich nicht speziell geschaut 😉

    @nata: ist mir in allen Beschreibungen auch aufgefallen, die Begeisterung, mit der die Aegypter das essen.

    @Susa: für den alltäglichen Hausgebrauch werde ich mir die Nudeln mit Tomatensauce herauspicken 🙂

    @daniela: Der Knoblauch-essig passt gut zu diesem Gericht. Zu was man ihn sonst verwenden könnte, wüsste ich nicht zu sagen.

    @Barbara: das habe ich mir auch gedacht. Das meiste in den Töpfen wird wohl tagelang vor sich hinsimmern. In Kairo müsste man sich schon genau überlegen, wo man das als Westler isst.

    @Erich: Gnocchi liegen mir auch näher 🙂

    @bee: ich habs auch auf 4 Herdstellen mit Hilfe des Backofens fertiggebracht. Kein Grund zum Umziehen.

    @chezuli: für 2 Personen lohnt sich der Aufwand nicht, aber in einer Skihütte ab 6 Personen würde das anstelle von Gulaschsuppe oder Fondue zum Erfolg.

  12. Wasn Aufwand und dann doch nur verschiedene Sättigungsbeilagen auf dem Teller. Danach ist man bestimmt pappsatt 😉

  13. Ich bin zufällig über dieses Rezept gestollpert. Sieht lecker aus…. vielleicht werde ich es mal ausprobieren…. 🙂

  14. Ich habe auch für dieses Gericht zu wenig Töpfe.
    Und so ein Durcheinand im Teller. Das würde ich zuerst gerne wo kosten, bevor ich es versuchen würde zu Hause zu kochen. Die Topfmisere muss ich noch lösen….

  15. Oh, woher weißt du, dass mir heute nach Ägypten ist!? 🙂
    Hab heute schon eine Klientin „einbalsamiert“ *lach* – mit einem ätherischen Öl, das verjüngend wirkt 🙂

  16. ein sehr schön anzusehendes Ergebnis !
    Ich würde es aber auch vorziehen, bei Dir zum Essen zu kommen….. da kommt doch meine Faulheit wieder durch 🙂

  17. Frau L. kann zu meinem Freund essen gehen, dann können sie sich an Kartoffeln und Rösti den Bauch rund essen bis sie nicht mehr können und ich komme dafür ägyptisch essen 😀
    Überhaupt tausche ich alles kartoffelige, was ich hier meiner anderen Hälfte zuliebe koche auf Lebenszeit gegen Kichererbsen wenn Frau L. mag 😉

  18. Klingt köstlich! Ich hätte im Moment allerdings keine Lust mir die sieben Töpfe wieder zu spülen. Ich müsste grad sowieso mal zählen, ob ich sieben Töpfe in passender Größe hätte… 😉

  19. @Suse: Sättigungsbeilagen ??? Das Gericht ist Mittelpunkt einer Mahlzeit, keine Beilage 🙂

    @Samuel: gestolpert, das gibt Flecken mit der Tomatensauce.

    @entegut: je schöner man es schichtet, desto weniger Durcheinander zeigt sich im Teller 🙂

    @Elisabeth: dann sollte ich mich bei Dir gleich für ein ganzes Verjüngungsbad anmelden. Ich glaube aber nicht, dass ich das überhaupt will 😉

    @Karin: es ist nichts übrig geblieben.

    @Claus: tönt zu Beginn wirklich befremdlich, ist es aber nicht.

    @Swafnir: es ist noch eine angebrauchte Packung Kichererbsen da ! aber mein ägyptisches Kochrepertoire ist damit bereits erschöpft und Frau L. mag doch nicht nur Kartoffeln essen.

    @Evi: ich koche und spüle, bin demnach auch das spülen gewohnt.

  20. Wie schön: Eine meiner Leibspeisen in einem deutschsprachigen Blog 🙂

    Mit Kichererbsen wär sie mir wohl zu mächtig, aber den Vollkornreis werde ich ausprobieren.

    P.S. Wer Koshari zubereiten möchte, benötigt nicht unbedingt sieben Feuerstellen. Zwei und ein Backofen reichen aus: Linsen, Reis und Tomatensauce garen auch im Ofen, und die Knoblauch-Zitronensauce braucht man nicht zu kochen. (Allerdings benutze ich dafür nur Zitronensaft, keinen Essig, und gebe kurz vor dem Servieren etwas von der Tomatensauce hinzu, etwa so wie diese Dame hier: http://www.guardian.co.uk/lifeandstyle/gallery/2009/mar/02/ahdaf-soueif-koshari-recipe?picture=344033125 )

    P.P.S. Eine Lanze für die Kairoer Garküchen: Meiner Erfahrung nach sind sie wesentlich weniger bedenklich als gemeinhin angenommen. Jedenfalls dann, wenn man sich an das hält, was die Einheimischen auch essen, auf eiswürfelfreien Getränken besteht und auf Blattsalate & Co. verzichtet.

  21. Es ist das, lieber Robert, wie wir uns fühlen! 🙂 Und der Duft von Kräuterölen regt einfach an – es handelt sich um das Thymianöl, aber du selbst bist ja andauernd von solch wundervollen Düften umgeben. Herz, was willst du mehr! 🙂

  22. Es schaut so lecker aus. Ich bin beim Überlegen, ob ich es nicht nachkochen sollte oder doch lieber doch in ein ägyptisches Restaurant gehen und es dort probieren soll 😉

  23. @besucher: Danke für die wertvollen tipps. Den link hätte ich vorher finden müssen.

    @Elisabeth: Thymian habe ich nicht, dafür bade ich ausgiebig in Rosmarin und Lavendel.

    @Marina: nicht nur interessant, auch gut 😉

    @Shirin: erst probieren, dann kannst du hinterher immer noch eine vereinfachte Version selbst machen 🙂

  24. Heute habe ich es ausprobiert, und alle Kostenden waren sich einig, sogar der Vollkornmuffel: Vollkornreis passt ganz ausgezeichnet! Er hat so etwas „Nussiges“, nicht? Kompliment jedenfalls für diese Kombination.

  25. Die Mischung der Zutaten scheint eigentümlich, aber es schmeckt doch. Habe ich auch schon mal gegessen. Schön gewählt für den Event! Freut mich, daß du dabei bist.

  26. Hallo,
    ich bin gerade dabei, das Rezept nachzukochen.
    Beim Durchlesen fiel mir auf, dass Du Linsen, also Hülsenfrüchte, in gesalzenem Wasser kochst.
    Hülsenfrüchte werden eigentlich nicht richtig gar, wenn das Wasser gesalzen ist, das ist eine ururalte Küchenweisheit.
    Ansonsten bin ich auf das Ergebnis gespannt, es klingt sehr lecker!

    1. uralte Weisheiten müssen nicht unbedingt richtig sein. Nur dann, wenn die Linsen uralt sind, lässt man das Salz beim Kochen besser weg. Ich koche meine Linsen seit Jahren mit Salz, und kriege sie immer in kurze Zeit weich…. und vor allem gesalzen.

  27. Hallo Lamiacucina,
    vielen Dank für diesen Blog-Beitrag zu Kushari, der mich erst darauf aufmerksam machte, dass es dieses Gericht überhaupt gibt, und dann zum Nachkochen verlockte. Mein Mann und ich gehören offensichtlich zu denjenigen, die Kushari mögen. 🙂
    Mit kulinarischen Grüßen
    Gourmandise

    PS
    So sah es bei uns aus:

    Kushari

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