CH-6215 Beromünster: Chorherrenstift

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Stiftskirche St. Michael, Beromünster

Zweiter Teil des Besuches in Beromünster. Erster Teil siehe hier. Der Stiftsbezirk schliesst unmittelbar an die westliche Begrenzung des Städtchens Beromünster an. Die Stiftshäuser sind kreisförmig um die Stiftskirche angeordnet. Gesichert ist, dass zu Beginn des 11. Jahrhunderts Graf Ulrich der Reiche von Lenzburg eine im Kern bis heute erhaltene frühromanische Basilika als Schenkung errichtete und das Stift mit umfangreichen Gütern und Rechten ausstattete.

Der Kernbesitz des Stiftes lag im Michelsamt, der Region um Beromünster, umfasste aber auch Güter und Rechte im Gebiet des Sempachersees, des Wiggertales und der Innerschweiz und reichte in Streubesitzungen bis in die Nord- und Westschweiz und nach Süddeutschland (Auggen).

Das Lenzburger Stift kam im Jahr 1173 an die Grafen von Kyburg, 1264 an die Habsburger. In den durch die Besitzwechsel verursachten Händeln wurde die Stiftskirche durch Brände und weitere Zerstörungen mehrfach beschädigt. Nach der Eroberung des habsburgischen Aargaus durch die Eidgenossen 1415 gelangte das Stift mit dem ganzen Michelsamt an Luzern. Die bisherigen Chorherren, die mehrheitlich aus dem Aargauer Adel stammten, wurden nach und nach durch solche aus Luzerner Patrizierfamilien abgelöst. Die herrschaftlichen Stiftshäuser (Chorhöfe) rings um die Kirche zeugen noch heute vom Reichtum der damaligen Auftraggeber.

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Probstei und Custorei: Hier residierte der Adel

Die mehrere hundert Jahre alten Chorherrenhäuser stehen rund um die Kirche angeordnet und geben dem Stift ein Bild, das in seiner Form einzigartig ist. Jedes Chorherrenhaus hat seinen eigenen Namen, seine eigene Architektur und seine individuelle Geschichte. Die Anlage besteht insgesamt aus rund 40 Gebäuden. Eigentümerin ist die seit über 1000 Jahren bestehende Stiftung.

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Oberrinacher Hof und St. Thomas Pfruendhaus, rechts
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Kapitelshaus
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St. Johannespfruend

Die im 11. Jahrhundert erbaute, dreischiffige, romanische Basilika erhielt im 17. und 18. Jahrhundert ein barockes Gepräge mit reicher Rokoko-Ausstattung. Sie bildet mit dem angrenzenden Kreuzgang, dem Kapitelshaus und der Galluskapelle ein beeindruckendes Ensemble.

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St. Michael, das Innere

Altarausstattung und Kanzel zählen zu den Meisterwerken des süddeutschen Spätrokoko. Erbaut vom Wessobrunner Altarbauer Lorenz Schmid. Das Chorgestühl (1606-1610) der Gebrüder Fischer ist eines der Schönsten der Schweiz.

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Blick auf die güldene Kanzel aus Stuckmarmor

Der Taufstein stammt von 1778. Der vergoldete Deckelaufbau wurde durch einen einheimischen Künstler geschnitzt.

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Jesu wird mit einem Gutsch Wasser getauft
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Kreuzgang

Der Franzoseneinfall von 1798 hat das Stift seiner wirtschaftlichen Basis beraubt. Schwerer als der Verlust eines grossen Teils des Kirchenschatzes und die finanzielle Belastung durch Kriegssteuern wog die Auflösung der Feudalrechte durch die Revolution. Dadurch verlor das Stift seine Besitzungen und die damit verbundenen Einkünfte.

Quellen
wiki
Chorherrenstift Beromünster

13 Kommentare zu „CH-6215 Beromünster: Chorherrenstift“

  1. Ich habe das Innere von St. Michel genau durchsucht – die Dame mit dem Hut konnte ich trotzdem niergends entdecken, wo hatte sie sich versteckt?
    Euch beiden einen schönen Sonntag.

    1. Ich sehe da deutliche Spuren eines wohl romanischen Vorgängerbaus. Jedenfalls ist der Turm nicht aus der Zeit des Barocks, sondern wesentlich älter.
      (tschuldigung – da ist mit mir meine Leidenschaft durchgegangen 😉
      liebe Grüsse vom Muger

  2. Es hat bei plötzlichen Verwerfungen der Gesellschaftsordnung seinen Vorteil, wenn man durch Brauen oder Destillieren eine gewisse Eigenständigkeit besitzt 😉

  3. Ich war selber noch nie in diesem Münster aber durch deinen Bilderbekommt man einen recht guten Eindruck.

  4. @Bonjour Alsace: im Auto, es war bitterkalt, ich habe sie erst nach dem Fotografieren in die Kirche geführt 😉

    @the Rufus: den Film hab ich noch nie gesehen, wenn ich ab und zu auch gerne an einem Eis lutsche.

    @Nathalie: der Glockenturm ist mächtig, nicht nur auf dem Bild.

    @der Muger: mit dem Bau des Glockenturms wurde Mitte des 14. Jhdts. begonnen. Später wurde dann fleissig barockisiert.

    @bee: die betagten Priester im heutigen Emeritenstift sind bestimmt für ein Gläschen Destilliertes zu haben, ohne gleich selber zur Destillierblase greifen zu wollen. Dann gibt es ja noch die Altersrente.

    @Barbara: man kann nicht nur immer in der Küche fuhrwerken.

    @Andy: deshalb geb ich immer die PLZ an, damit jedermann selber hinfindet 🙂

  5. bei chorherren, denke ich an die österr. augustiner chorherren. gibt es da eine verbindung?
    wieder eine sehr gelungene reportage!

    ps grünt die linde schon?

  6. @entegut: die Augustiner sind Regularkanoniker, die Beromünsteraner pensionierte, alte Pfarrherren die ohne Regeln als Säkularkanoniker hier wohnen und gemeinsam Gottesdienste feiern. Hier spriessen die Bäume noch nicht, also wird dort oben auch noch nichts.

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