Entrecôte von der Eringer Kampfkuh und die gute Kräuterbutter der guten Frau Rutsch

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Das Eringerrind (aus dem Val d’Hérens) ist eine seltene Hausrindrasse, die im Kanton Wallis gehalten wird. Die Eringerkuh gehört zu den kleinsten Rinderrassen Europas. Die Fellfarbe der Tiere ist dunkelrot bis schwarzbraun. Das Tuxer Rind aus dem Zillertal, das Evolèner Rind aus dem Wallis und die Pustertaler Schecken sollen vom Eringer Rind abstammen, das ursprünglich mit den Römern in das Gebiet des heutigen Wallis gekommen ist. Die Rinder, eine fleischbetonte Zweinutzungsrasse, gelten als anspruchslos und anpassungsfähig. Durch ihr geringes Gewicht (500-800 kg) können sie auch steile Alpwiesen beweiden. Eringer Kühe gelten als streitbare Rasse (Kampfkühe). Während des Sommers ermitteln die Kühe unter sich selber die Leitkuh, „die Alpkönigin“, welche die Herde anführt. Im Frühjahr, vor der Sömmerung lässt man die Kühe, Rinder und Gusti in fünf Gewichtsklassen gegeneinander kämpfen. Eine Kuh hat verloren, wenn sie vor der anderen Kuh zurückweicht oder weggestossen wird. Diese Kuhkämpfe sind heute im Wallis eine große Touristenattraktion und für viele Kleinbauern der Anlass, diese Tiere im Nebenerwerb zu halten.
Von den jährlich erzeugten rund 700 Tonnen Fleisch essen die Romands das meiste selbst. Aber heute hatte auch ich ein Eringer Entrecote in der Pfanne.

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Leider ist mir das Fleisch gründlich missraten. Weil ich einen Trick ausprobieren wollte, ob man ein einfaches Haushalt-Vakuumiergerät überlisten könnte, um feuchtes Gut zu vakuumieren, habe ich das Fleisch sous-vide gegart. Ohne mir vorher tiefere Kenntnisse der Methode anzulesen. 50 Minuten bei 80°C gegart. Dieselben Bedingungen wie bei NT im Ofen. Das war hier entschieden zu viel. Jaja Herr L., der Wärmeübergang in Wasser ist halt nicht derselbe wie in Luft. Die Kampfkuh war zum Schluss well-done und trocken. Warum das Vieh nach dem sous-vide-Prozess 20% Saftverlust aufwies, ist mir dennoch rätselhaft.

Gottseidank hatte ich noch die Frau Rutsch in der Hinterhand. Die Frau Rutsch kenne ich zwar nicht. Nicht persönlich. In irgendeinem Bioladen ist mir vor einiger Zeit ein aufliegendes Gratis-Biorezept in die Hände gefallen. Im Bio-Rezept gings um die Bio-Kräuterbutter der Bio-Frau Rutsch. Ob die Frau Rutsch dem brainstorming einer Werbeagentur entsprungen ist oder real existiert, konnte ich nicht herausfinden. Die Butter gabs zur Kampfkuh. Und alles war wieder in Butter. Auch ohne Bio.

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Zutaten
440 g Entrecôte vom Eringer Rind
Rosmarin, Thymian
Abrieb einer halben Biozitrone
schwarzer Pfeffer
Olivenöl
Salz

für die Kräuterbutter:
im Original der Frau Rutsch steht bei jeder Zutat „Bio“ vornedran, auch beim Cognac und beim Salz 🙂
150 g Butter
1 Bund gemischte Gartenkräuter (alles, was der Garten hergibt: Thymian, Majoran, Salbei, Basilikum, Liebstöckel, Rosmarin)
1 Bund glatte Petersilie
1 Knoblauchzehe
1/2 Zitrone
1 Tlf scharfer Senf
3/4 Tlf. Madras-Curry
1 Tlf. Cognac
1/2 Tlf. Salz
Pfeffer

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Zubereitung
für die Kräuterbutter:
(1) Weiche Butter mit dem gepressten Knoblauch und 1 Tlf. Zitronensaft, dem Senf, Curry und Cognac schaumig rühren. Die fein gehackten Kräuter untermischen und mit Salz un Pfeffer abschmecken. Entweder in Gläschen abfüllen oder in Backtrennpapier, zu einer Rolle geformt, im Tiefkühler fest werden lassen.


für das Fleisch:

(2) Entrecôte mit einer Paste aus den fein gehackten Kräutern, dem Zitronenabrieb, zerdrücktem Pfeffer und Olivenöl einreiben. Von einem Struktur-Vakuumbeutel den offenen Rand etwa 2 cm umlegen. Fleisch hinein legen und den Beutel unterhalb des umgekrempelten Randes verschweissen. Das funktioniert nur halb, da Flüssigkeit durch die Beutelstruktur abgesaugt wird und die Schweissnaht undicht macht. Den saubern Rand sofort wieder umlegen und nochmals verschweissen. Geht.

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(3) Den Beutel über Nacht in den Kühlschrank legen. 2 Stunden vorher auf RT bringen.
(4) Einen grossen Topf mit Wasser aufsetzen und auf einer gut regulierbaren Herdplatte oder im Ofen auf konstant 80°C halten. Beutel hineinlegen. Temperatur auf 80°C halten. Nach 50 Minuten herausnehmen, das Fleisch war danach ziemlich hart und schwamm in Flüssigkeit, trockentupfen, salzen und in einer heissen Pfanne beidseitig in Olivenöl kurz anbraten. 5 Minuten bei 60°C abstehen lassen.

Dazu Kartöffelchen mit Bohnen und confierte Tomätchen.

36 Kommentare zu „Entrecôte von der Eringer Kampfkuh und die gute Kräuterbutter der guten Frau Rutsch“

  1. Ein original Schweizer Entrecôte, das wir in D-land als Rumpsteak bezeichnen würden. Darauf falle ich in Schweizer Restaurants immer wieder rein, weil ich es schlicht vergesse.

    Wahrscheinlich habe ich das schon einmal gefragt, aber wie nennt Ihr eigentlich das, was wir als Entrecôte bezeichnen? Sagt Ihr dazu Rib-eye? Oder Zwischenrippenstück? Oder esst Ihr es vielleicht gar nicht?

  2. Sous-Vide würde ich ja auch gerne mal ausprobieren, aber eben ohne entsprechenden Apparillo. Was würdest du im Nachhinein anders machen? Kürzere Temperatur? Nun, mir fehlt sogar jedes Vakuumiergerät…

    Fang‘ ich also erstmal mit der raffinierten Kräuterbutter an!

  3. mon dieu, mais qu’est-ce que tu fais avec de pauvre entrecôte Robert? In die Pfanne hauen aber doch nicht so, es ist zudem nicht abgehangen und recht hell oder täuscht das auf dem Photo? Deswegen halt auch der Verlust……

  4. So gefällt mir die Eringerkuh fast am besten. Rundum schön gebraten und mit etwas Anken oben drauf…
    liebe Grüsse vom Muger

  5. Um das Saftziehen beim Vakuumierung zu verhindern, arbeite ich mit zwei Beuteln. Zuerst gebe ich das zu vakuumierende Gut in einen normlen TK-Beutel, streiche ganz sorgfältig glatt und die Luft raus, schlage ihn um und gebe ihn in einen Strukturbeutel. Der wird dann vakuumiert.

  6. Siedfleisch machen wir im Schwäbischen ganz ohne es zu vakuumieren… 😉 Meinen Respekt, Robert, vor deiner Experimentierfreude. Sous vide ist für mich ein Fernziel. Entweder mir fallen die benötigten Geräte als Schnäppchen zu, oder ich muss warten, bis ich mir den Luxus leisten kann.

  7. Schaut tatsächlich sehr trocken aus… aber mit Kräuterbutter kann man lecker befeuchten 🙂

    @Micha..bei uns bieten manche Metzger das Einschweißen an und …ohne Witz…in einem Geschirrspüler kann man wunderbar 80° garen. Mit einem Stück Lachs hab‘ ichs schon mal getestet.

    1. Ich habe vor Kurzem auch die Idee aufgeschnappt, das im Weck-Einkochautomat zu machen, da darin das Wasser ja temperaturregelbar ist. Allein das Einschweißen…. ich sollte mit unserem Metzger mehr auf du-und-du rücken :)… aber dann: wie lange im Wasser lassen…

  8. Hallo Robert, da ich aus deinen Blogs schon viele sehr sinnvolle Tips entnommen habe, gerne mal einen zurück.
    Ohne Ausstattung könntest du im Backofen in einem Wasserbad die Temperatur mit einem Thermometer mit Sensor recht gut auf den Punkt kontrollieren.
    Je größer die Wassermenge, desto höher die Trägheit bei den Temperaturschwankungen.
    Schon getestet und es funktioniert.
    Habe mir mittlerweile ein Enhängethermostat zugelegt was ich immer wieder gerne nutze.
    Ich brate für die Röstaromen hinterher kurz und scharf an.
    Eine sehr gute Einführung findest du hier
    http://addelice.com/docs/html/sous_vide_handbuch.html

    Grüße Rudi

  9. Mag ja sein, dass das Fleisch trocken, aber das Foto ist klasse. Ich spüle das ganze mit Kräuterbutter runter.

  10. Ein Vakkumier Gerät konnte ich kürzlich günstig erstehen, nun fehlt noch das Wasserbad zum Schnäppchenpreis. gerade letzte Woche habe ich mir das von Rudi erwähnte sous-vide Handbuch heruntergeladen. Ich werde berichten, sobald es etwas zu berichten gibt 😉
    liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

  11. @nata das Rumpsteak stammt in er Schweiz aus der Huft, das Entrecõte vom Nierstück. Siehe: http://www.schweizerfleisch.ch/fileadmin/dokumente/downloads/fleischkunde/Proviande_Bro_Rind_A5_d_web.pdf

    @Micha: das frage ich mich auch. Die Temperatur war wohl viel zu hoch, wie ich nach dem überfliegen des pdf-files von Rudi (weiter unten) sehe.

    @Bolliskitchen: In die Pfanne werfen wäre besser gewesen, aber wer nichts probiert, produziert keine Fehler. Das Fleisch war eigentlich eher dunkler.

    @Rosa May: shoesole remains shoesole. (englisch)

    @der Muger: Schuhsole bleibt Schuhsole. (deutsch)

    @susa: das scheint mir noch die bessere Idee.

    @Dirk: equipment dazu brache ich keins. Dazu koche ich zu wenig Fleisch. Ein grosser Topf und häufige Temperaturkontrollen tuns auch.

    @Sybille: die Metzger hier schweissen gerne ein, ich bin es aber gewohnt, Fleisch vorher zu waschen und mit Aromaten zu belegen. Das geht dann am Verkaufstresen nicht mehr gut. Und 80°C war für sous-vide definitiv zu hoch.

    @Rudi: die Temperaturkonstanz war bei mir nicht das Problem. Eher das Wissen, um Zeit und Temperatur. Danke für den wertvollen link !

    @bee: Jede Folie lässt Feuchtigkeit durch, gute Vakuumbeutel sind jedoch aus dickerem PVC, die Feuchtigkeitsspuren nur in sehr langen Zeiträume duchlassen.

    @magentratzerl: Butter macht alles wieder gut !

    @lieberlecker: dann lass ich Dich erst machen, ich wende mich derweil den Schmorbraten zu 😉

  12. Mein erster Gedanke beim Anblick deines Fleisches: „Das sieht trocken aus“. Und mit Verlaub, ich koche bestimmt schon über 10 Jahre mit Bio-Salz und habe auch schon Bio-Cognac erstanden, der war nicht einmal sehr teuer:)

  13. Schade um das schöne Stück Fleisch. Aber aus Fehlern lernt man, das habe ich am Wochenende dem Küken auch gesagt, als es ein Tiramisù versemmelt hat. 😉

  14. Hallo Robert

    erstmal: ich finde es toll, dass du nicht nur die guten ergebnisse zeigst sondern auch die „misslungenen“!
    braucht „eier“ – das find ich gut!

    „ob man ein einfaches Haushalt-Vakuumiergerät überlisten könnte, um feuchtes Gut zu vakuumieren“
    Ich mach ein Kräuteröl und gefriere es ein im Vacuumsack. Fleisch dazu und dann Vacuumieren.

    „50 Minuten bei 80°C gegart“
    Die Wassertemperatur bestimmt den garpunkt 1:1
    Der Reifungszustand bestimmt die gardauer.

    zb. 1w nach schlachtung, medium-rare = 53°C + 18h
    bei 4 w nach schlachtung, = 53°C + 4h
    bei 7w nach schlachtung = 53° + 1h

    „sous-vide-Prozess 20% Saftverlust aufwies, ist mir dennoch rätselhaft.“
    bei 80° haben die proteine komplett sich „ausgewunden“ und flüssigkeit raus gedrückt.
    ausserdem hast du nicht vorher gesalzen (braining) – die aufsalzung der aussenschichten bewirkt eine osmotische-druck-entspannung und dies führt dann zu weniger saftverlust.

    wenn du mehr info brauchst – kannst mich anrufen, reden ist mir lieber als schreiben.

    LG
    albino

  15. frag mal bei deinem ehemaligen Arbeitgeber oder bei mir nach einem Wasserbad-Thermostaten. Die Tauchsdieder zum Reinhängen. Julabo, 37/56°C oder stufenlos regelbar. Ich könnte jeden Tag heulen, wenn ich die Dinger bei uns im Kammerl vergammeln sehe. Es braucht halt nur den Ausfuhrschein, vom Chef unterschrieben, sonst hätte ich schon längst selbst einen…;-)

  16. Tauchsieder, sorry. Verschrottungsbeleg müßte man auch haben, aber das geht Hand in Hand. Ich kümmer mich mal drum.

  17. @Magdi: der erfahrenen Köchin entgeht sowas nicht. Kürzlich habe ich im Supermarkt Bio-Pfifferlinge gesehen. Da stellt sich schon die Frage nach Sinn und Unsinn des Bio-Labels.

    @Wilde Henne: Frau L. freut sich schon auf ihre alten Schmorgerichte…. und ich auf die Pause.

    @Bonjour Alsace: was aber nicht heisst, dass Tafelspitz so trocken sein muss 😉

    @Albino: also das Fleisch überziehen mit Kräuteröl, dann dieses anfrieren und dann vakuumieren. Das sollte funktionieren. Das Zeitintervall zwischen Schlachtung und Kochen hat demnach einen enormen Einfluss auf das Ergebnis. Ich sehe, dass ich von sous-vide keine Ahnung habe. Ich komm mal in einen deiner Kochkurse.

    @pimpimella: Bio-Cognac 🙂

    @the rufus: Deren Fleisch wird meist zu Walliser Trockenfleisch verarbeitet. Vielleicht ist das der Grund 😉

    @elettra: vom Labor hab ich längst Abschied genommen und will es nicht wieder zurück 😉

  18. hallo Robert
    „@Albino: also das Fleisch überziehen mit Kräuteröl, dann dieses anfrieren und dann vakuumieren.“
    das habe ich anders gemeint: das kräuter-öl in den vaccumsack füllen und diesen eingefrieren. alkoholische flüssigkeiten müssten zuerst gekocht (alkohol-freier) werden und können auch mit gefrohren werden.
    dann den vacuum sack raus und sogleich das fleisch dazu – nun alles vaccumieren – 1min alles auftauen lassen und duch rubbeln öl (oder marinaden) am fleisch verteilen.

    „Das Zeitintervall zwischen Schlachtung und Kochen hat demnach einen enormen Einfluss auf das Ergebnis“
    reifung ist ein „kontrollierter vergammelungsprozess“
    niedergaren ist ein „verschnellerter, kontrollierter vergammelungprozess“
    ja reifer das fleisch desto kürzer ist die abschlussreifung (niedergarung)

    kannst gerne an einen kochkurs kommen, das thema von jan.-april 2013 ist thailändisch (kein sousvide)
    aber wenn du einen cappuccino willst und etwas über sousvide, und brinig diskutieren willst, ich hätte sicher spass, da du auch interessantes mitbringst zum bereden.

    lg

  19. @Albino: Danke, jetzt hab ichs begriffen mit dem vakuumieren. Kontrollierte Vergammelung als Gratwanderung zwischen Genuss und Verderben braucht schon Erfahrung (die ich nicht habe).
    Thaiküche ist nicht meins, mal sehen.

  20. Hast du das Fleisch auch mit dem Ellenbogen geteilt? Mächtig trockenes Fleisch muss mit viiiiiiel Wein nachgeschwemmt werden. Auch kein Nachteil. 😀

  21. heute hatten wir entrecote=beiried=rostbraten vom tuxer jungrind + da schien es nur stilecht die sauce mit bier aus dem zillertal zu machen
    die kombination hat angesprochen, sowohl beim hausherrn als auch bei den gästen
    dazu polenta, den braungescheckten aus storo + rohnen(randen)salat)

    finstermünz bzw die brücke kommt auf den wunschzettel

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