Papet vaudois

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Papet vaudois (Potée vaudoise aux poireaux) gilt als das Waadtländer Nationalgericht.  Ein traditioneller, bäurischer Eintopf, bei dem Lauch und Kartoffeln in Weisswein (Chasselas/Gutedel) auf kleiner Flamme längere Zeit zu einem Brei (papette) gekocht werden. Einmal im Jahr, am 24. Januar, sollte man sich diesen gar nicht deftigen Eintopf schon gönnen. Am 24. Jänner 1798 erklärten die Waadtländer nach dem Einmarsch der französischen Revolutionstruppen ihre Unabhängigkeit von den gnädigen Herren in Bern und riefen die République lémanique aus. Seither würgen die Berner ihren Aerger über die abtrünnigen Untertanen mit  Berner Platte hinunter (historisch nicht ganz korrekt interpretiert, ich weiss).
Zu dem papet gehört entweder ein Waadtländer Saucisson, eine Saucisse aux choux (Waadtländer Kabiswurst), eine saucisse au foie (geräucherte Schweinswurst mit Leber, eine Boutefas vaudois oder gleich alle zusammen.
In der Regel wird der Laucheintopf lange zu Brei verkocht. Kann, muss nicht sein. Bei Kompliziertheimern wie mir wird der Eintopf zum Vieltopf bzw. Viertopf. Ich trenne den Lauch in einen hellen und einen dunkeln Anteil, gare den hellen Teil weich, den dunkeln blanchiere ich nur kurz, koche die Wurst separat, damit das Gemüse nicht wurstelt, koche die Kartoffeln separat, damit sie nicht zerfallen. Béchamel oder Rahm lasse ich weg, das macht ihn nur schwer, die Bindung kriegt man auch mit geriebenen Kartoffeln hin. Aufgeschnitten wird die Wurst in der Waadt meist der Länge nach, bei mir quer in Rädchen, die dem weiblichen Appetit besser angepasst sind, dann aus der Haut gepellt und mit dem Lauchgemüse serviert.

Zutaten
leichtes Hauptgericht für 2-3 Personen, nur die Wurst ist schwer
1 Zwiebel, 80 g
1 Knoblauchzehe
500 g Lauch, grün und weiss
250 g festkochende Kartoffeln (Amandine)
1 Elf. Butter
1 dl Weisswein Chasselas vaudois (bei mir aus dem Wallis, in D geht auch Badischer Gutedel)
2 dl Geflügelbrühe, selbstgemacht
1 Lorbeerblatt, Muskatnuss
½ Tlf. gequetschte Fenchelsamen
Salz
Pfeffer
1 Elf. Weissweinessig (weisser Balsam von Gölles)
1 Waadtländer Saucisson (Metzgerei Ledermann, Payerne)

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Der Eintopf/Vieltopf braucht Zeit und Chasselas. Der hier gewann Gold am Grand prix du vin suisse

Zubereitung
(1) Zwiebel und Knoblauch fein hacken. Lauch der Länge nach halbieren oder vierteln, waschen, helle Anteile von den dunkeln trennen (halb hell, halb dunkel)  und in ca. 1 cm breite Streifen schneiden.
(2) Die Zwiebeln in Butter andünsten, den Knoblauch und den hellen Lauchanteil zugeben und etwa 10 Minuten mitdünsten. Mit Salz, Muskat und Pfeffer würzen, mit dem Weisswein ablöschen und fast vollständig einkochen. Geflügelbrühe und das Lorbeerblatt zugeben und ca. 40 Minuten bei kleinem Feuer leise köcheln. Ich reibe zur Bindung noch eine halbe, kleine Kartoffel dazu. Falls der Lauchbrei einkocht, 2-3 Elf. Wasser angiessen.

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Lauchgrün und Lauchbrei, kurz vor der Vereinigung

(3) Indessen die Wurst (ungestupft, deutsch: nicht angepiekst) in 75-80°C heissem Wasser ca. 40-50 Minuten garziehen lassen. In der Zwischenzeit wird nebenbei dem guten Chasselas zugesprochen.
(4) Kartoffeln schälen und in 1-2 cm grosse Würfel schneiden. In einer Schüssel mit Wasser bedecken, damit sie nicht braun werden.
(5) Die Kartoffeln 10 Minuten vor dem Servieren in kochendem Salzwasser ewa 7-8 Minuten garen. Abgiessen, zum hellen Lauchanteil geben.
(6) den dunkeln Lauchanteil in kochendem, gut gesalzenem Wasser 2 Minuten blanchieren und unmittelbar vor dem Servieren unter die Lauchkartoffeln mischen. Einen Elf. Essig untermischen, nachwürzen mit Salz und Pfeffer und mit der Wurst servieren. [Essig und Pfeffer dient zum Ausgleich der Lauchsüsse]

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Papet vaudois

Anmerkung
Fenchel gehört an sich nicht zum Original, aber ich finde, der gibt dem bäurischen Gericht erst den besonderen Pfiff. Superb.

24 Kommentare zu „Papet vaudois“

  1. Vive la Revolution! Mit Kopfschmerzen und Husten einen solchen Viertopf avec Saucisson zu kommentieren… ist nicht so leicht! Erstaunlich jedenfalls, welche Mühe hinter diesem leicht-schweren Revolutionstopf steckt! Und Frau Zuckerprinzessin geht jetzt erst mal Kaffee trinken… 🙂

  2. Wieder einmal eine Rätselaufgabe, wie man das Original mit norddeutscher Ware ersetzt. Die handelsübliche Kohlwurst dürfte als Fehlübersetzung gelten.

  3. Wieder eine neue Variante des Kombi Lauch-Kartoffel- als ich Brei las dachte ich na, wie ein Brei schaut das aber nicht aus und freu mich….

  4. Zum Glück hast du das Originalrezept verändert – in Breiform hätte es mir lange nicht so gut gefallen!

  5. Ich garte bislang die grünen Lauchteile länger als die weissen…so bleiben sie natürlich wundervoll grün! „damit das Gemüse nicht wurstelt“ 😀

  6. ein weiterer Beweis, dass man auch ein gutes Gericht noch verbessern kann – grossartig (auch wenn ich’s erst virtuell probiert habe ;-))
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

  7. Kompliziertheimer 😉 ich würde eher sagen: Ausstrohgoldmacher! Du kriegst es fertig, aus einfachen Dingen das Besondere rauszukitzeln und immer noch eines draufzusetzen ohne abgehoben zu sein. Deshalb haben wir dich auch alle lieb!

  8. Sugarprincess: Kaffee ? keinen Hustentee ? Gute Besserung !

    @bee: frei übersetzt scmeckt es besser.

    @ninivepisces:
    @Eva:
    Brei ist nicht wörtlich zu nehmen, obwohl es korrekt übersetzt ist.

    @Rosa Mayland: im Waadtland gibts den Eintopf öfters als nur einmal pro Jahr 😉

    @evazins: der Weisswein ist das Problem, bzw. dessen Säure, die macht das Chlorophyll binnen Minuten kaputt. Ohne Säure darf man die grünen Teile auch länger garen, zumal wenn man die zähen Teile mitverwendet.

    @lieberlecker: mein papet schmeckt mir tatsächlich am Besten,bzw. hab auswärts noch nie so guten gehabt.

    @mittagsmutti: Ausstrohgoldmacher 😉 Stroh kann ich auch Dreschen !

    @Magdi: Papa ist nicht pappa. Auch im Italienischen nicht 😉

  9. Ich bin Fan von Papet vaudois und hatte dies für diese Woche in Planung. Im Kühlschrank dümpelt deshalb seit letztem Freitag eine Saucisson rum, Lauch habe ich am Freitag auch extra gekauft – leider ist nun mein Hühnerhof krank, da kann ich nicht mit solchem Essen aufwarten. Also warte ich entweder, bis alle wieder gesund sind (das daaaaaueert *ächz*), oder ich lade jemanden dazu ein. Die Kranken kriegen dann zum xten Mal Hühnersuppe ans Bett geliefert… 😉

  10. Andere Variante, die mir grad einfällt: die Kartoffeln und das Weiße vom Lauch anrösten, mit Weißwein und Brühe ablöschen, das Grün später dazu. Unnd statt der Wurst würde ich Räucherfusch dazu essen.

  11. Lecker… Und wo krieg ich jetzt die Wurst her?
    Bzw: welche Wurst nehme ich in D als Ersatz?

    LG aus Frankfurt

  12. @Wilde Henne: dann freu ich mich auf Dein Papet, wenn dann alle wieder munter sind.

    @Hesting: kann man auch. Ein Papet mit Fisch steht sogar schon seit Wochen auf meiner Kochliste. Es fehlt bloss am Fisch.

    @Albino Tuosto: das passt zur Jahreszeit, nur dass wir bei dem Hudelwetter so gar nicht verreisen mögen.

    @moni-ffm: jene, die Dir am Besten schmeckt !

  13. Wir haben es mit auf der Haut gebratenen Saiblingsfilets gegessen – und waren alle begeistert! Jetzt fehlt mir nur noch die Originalwurst…
    Danke für das tolle Rezept und schönes WE

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