Dry aged Beef, 900 gr.

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Beim letzten Besuch in meiner Metzgerei schleppte mir Monsieur F. Schluraff voller Stolz ein im Hause von ihm nach alter Metzgertradition am Knochen gereiftes Rinderteil an. Darf enech eppis zeige ? Das müessen er unbedingt probiere !  Wenn die Anrede schon in der 2. Person Plural erfolgt, kann man sich seiner Aufforderung kaum entziehen. Nun bin ich ja kulinarisch durchaus belesen, wusste wovon er sprach und griff zu. Die äusserlich nicht überall ansehnlichen Teile waren rasch weggeschnitten, das Stück geteilt und ich hatte 900 g auf der Waage. Mein Gott, wir sind doch Halbvegetarier. Wie sag ich das bloss meinem Weibe ?

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Damit ich mich ungestört dem Fleische widmen konnte, verzichtete ich auf aufwendige Saucen. Die Zwiebel-Tomaten-Balsamico-Sauce von Petra in chili & ciabatta kam mir gerade recht.

Zutaten
für das Fleisch:
für 2 Personen, hätte für 4 gereicht
1 Dry aged Beef Rindskotelett am Stück, 900 g
1 Zwiebel, grob gewürfelt
1 Karotte, grob gewürfelt
1 Stange Staudensellerie
2 mittelalterliche, junge Knoblauchzehen
2 Zweige Rosmarin
1 kleiner Strauss Thymian
3 Streifen Zitronenrinde, fein gehackt
Salz und Pfeffer, Fleur de Sel
Erdnussöl, Olivenöl
50 g Butter

für die Sauce:
2 Elf. Olivenöl
frisch gemahlener Pfeffer, (L.: kein Salz)
50 Gramm getrocknete Tomaten in Öl; abgetropft, grob gehackt (L.: getrocknete Dörrtomaten, regeneriert im Dampf)
2 Rote Zwiebeln; in feinen Streifen
1 Tlf. Brauner Zucker
75-100 ml Brühe (L.: 40 g Kalbsfond konzentriert + 1 dl Rotwein)
1 Elf. Balsamico-Essig
2 Elf. Basilikum; gehackt

Dazu Bratkartoffeln aus 3 Geschwellten und mitgebratene Viertel von 4 kleinen Artischocken

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Halt ! In der Pfanne geblieben. Hier wird nicht davongerannt !

Zubereitung
(1) Das Beef rechtzeitig aus dem Kühlschrank nehmen, mit Olivenöl und einem Teil der fein gehackten Kräuter und der gehackten Zitronenrinde einreiben.  Über Nacht mit Folie abgedeckt marinieren. Anderntags eine kleine Kasserolle mit den Gemüsewürfeln und dem Rest der Kräuter befüllen. Die Kräuterpartikel vom Braten mit Küchenpapier abwischen. Das Beef in Erdnussöl allseitig braun anbraten, etwa 12 Minuten.
(2) Das Öl aus der Pfanne tupfen und den Fond mit wenig Wasser aufkratzen. Beiseitestellen und später der Sauce zufügen.
(3) Das angebratene Fleisch auf das Gemüsebett in der Kasserolle legen. Etwa 1 dl Olivenöl zugeben und im auf 140°C vorgeheizten, grossen Ofen mit eingestecktem Temperaturfühler garen, bis die Kern-Temperatur ca. 50°C beträgt. Ca. 30 Minuten. Während dem ganzen Garprozess das Fleisch alle 5 Minuten mit dem Fett übergiessen.
(4) Sobald die Kerntemperatur des Fleisches ca. 50°C beträgt,  50 g Butter zugeben, die Ofentemperatur auf 80°C stellen und weitergaren, bis die Kerntemperatur bei 62°C steht. Wir mögen Fleisch nicht saignant. Das Fleisch dabei weiterhin alle 5 Minuten mit dem Fett übergiessen. Das Fleisch herausnehmen, Ofen auf 70°C stellen und das Fleisch auf einer vorgewärmten Keramikplatte mit Alufolie abgedeckt 15 Minuten im Ofen ruhen lassen. Aufschneiden, mit fleur de sel und Pfeffer würzen.

(5) Während das Fleisch gart, die Zwiebelstreifen sanft in Olivenöl anbraten, dann mit Zucker bestreuen und langsam karamellisieren lassen. (L.: inzwischen die Dörrtomaten im Dampfsieb 5 Minuten regenerieren, das macht sie weicher und eliminiert Salz.). Tomaten klein schneiden und mitschmurgeln. Brühe angießen und etwa 15 (L.: 30) Minuten sanft schmoren lassen, nach Bedarf noch weitere Brühe zugeben. Mit Salz, Pfeffer und Balsamico abschmecken. Das gehackte Basilikum einrühren und zum Fleisch servieren.

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Schock für food-stylisten: brachial entzweigeschnitten

Anmerkung
Das Beef war butterzart, schmeckte fein nussig, buttrig, rein, wirklich ausgezeichnet. Der insgeheim befürchtete Verwesungsgeschmack oder -geruch fehlte völlig, ein Vorurteil. Nur die Menge war für uns 2 Personen zu viel. Die Sauce schmeckt rustikal würzig-tomatig, dennoch hätte mir das edle Stück mit einer klassischen Béarnaise besser gefallen.

36 Kommentare zu „Dry aged Beef, 900 gr.“

  1. Wunderschön! Die Angst vor Hautgout ist unbegründet, die besten Metzger hier im Großraum Hamburg lassen ihre Rinderhälften bis zu zehn Wochen in der Kühlung reifen. Das Ergebnis beim Brat- und Schmorfleisch ist wirklich umwerfend.

  2. Wenn ich etwas Kulinarisches aus tiefster Inbrunst angepriesen bekomme, bin ich meist zu schwach zu widerstehen. Meist mit gutem Grund 😉

  3. Schon seit Wochen schleiche ich bei meinem Fleischhauer um das Dry Aged Beef herum. Der Preis schreckt mich schon ein bissl.
    Wie lange war denn dein Riesentrumm insgesamt im Rohr?

  4. Ich war erst gestern Abend zum Essen eingeladen und hatte ein dry aged Rindfleisch, 280 g. Ganz pur, nur ein bisschen Buttergemüse dazu. Es schmeckte himmlisch!!

  5. Du hast’s geschafft – ich sitze früh um Neun mit Wasser im Mund hier…
    (Falls Ihr beim nächsten Rindskotelett Mitesser braucht, ich würd‘ mich glatt opfern 😉 )

  6. Selbst als – wie Ihr – Halbvegetarierin könnte ich diesem Essen auf keinen Fall wiederstehen!

  7. so gut wie das aussieht würde ich glatt behaupten, dass 900g sogar für eine Person zu wenig ist 😉 Die Kartoffeln lässt man dann halt weg.

    Sieht wirklich perfekt aus. Großes Lob.

  8. @SchnickSchnackSchnuck: sie hats überlebt 😉

    @bee: das war die erste Erfahrung mit solchem Fleisch für mich.

    @the rufus: nimmt mich doch wunder, wer die andere Hälfte (eigentlich ein Viertel), gegessen hat.

    @micha: warum denn widerstehen ? Das Fleisch ist willig, der Geist ist stark.

    @Eva: auf keinen Fall, sonst kommst Du in eine Brédouille 😉

    @turbohausfrau: bis 50°C ca. 30 Minuten hab ich aufgeschrieben, dann hab ich keine Zeiten mehr aufgeschrieben, schätzungsweise etwa nochmals 20 – 30 Minuten. Ist schon teuer, dafür gibts wenig Saftverlust.

    @Sybille: muss den Herrn Schluraff fragen, ob er wieder mal etwas hat. So ganz ohne nichts wäre auch mal zu probieren.

    @Überall & Nirgendwo: etwa 300 g waren übrig, ich hab das kalt gegessen mit Senf.

    @twocents: nu bin ich ja gewarnt und verlange nächstesmal für 2 Personen 😉

    @magentratzerl: nun kommt ja die Schmorbratenzeit. Unser liebstes Fleischwird Dir auch gefallen.

    @Jens: Männer !

    @zorra: Frauen !

    @Barbara: dann bestell Dir eine Peking-ente 🙂

    @Wilde Henne: der Fleischthermometer muss ja auch noch genug Platz haben 😉

    @Bonjour Alsace: lass Dich packen !

    @Ralf: das ist der Gilbert im Elsass. Meiner ist der François in Basel.

  9. Stark!! 900g für 2 ist doch für mit Knochen machbar. Gehn ja noch 150g oder so weg. Ich hätte auch Angst vor so einem Trumm, aber drunter fängt man wohl besser nicht an, das ist wie mit Schmorbraten. Nur da kann man den Rest wegfrieren.
    Und, ich stimme zu, eine klassische Bearnaise hätte ich da auch lieber dazu gehabt, oder einfach nur Kräuterbutter, die von neulich oder so, wobei man sich das Sößle durchaus merken kann. Aber nicht zu Premium-AAA-Class Carnivoren-Steak.

    Eins der Gerichte, die ich wohl niemals werde zubereiten können, mangels Masse an
    a) der Grundsubstanz
    b) Mitessern

    Sehr gut gelungen jedenfalls.

    elettra

  10. Danke für deine Zeitangaben! Deswegen hab ich gerade in Porterhouse Steak dry aged (700 g schwer) erstanden. Nun konnte ich nicht mehr anders! Das Monstrum werde ich morgen erst im Rohr NT garen und dann auf den Grill schmeißen.

  11. Hört sich ja wirklich ziemlich gut an, ich hab noch nie Dry Aged Beef zubereitet, vielleicht wage ich den Versuch mal…danke für die super Rezeptbeschreibung!

  12. @Ralf: einen im Elsass, einen in Basel.

    @lieberlecker: Döttingen bei Würenlingen. Pinot noir, Kloster Sion, da kommt so einiges zusammen.

    @elettra: bei mir werden die Mitesser auch immer weniger.

    @Turbohausfrau: deshalb messe ich die Kerntemperatur, da ist man auf der sichern Seite.

    @lamiatrattoria: nicht zuviel nachkochen wollen. Bleib bei deiner Küche, die ist gut.

  13. Sieht sehr gut aus!
    Meine Rindfleischbauern scheren sich gar nicht darum, dass ihre Art Fleisch abhaengen zu lassen ploetzlich „dry aged“ heisst. Bevor es Vakumiermaschinen gab, war das die uebliche Art: man haengte Fleisch in einen kuehlen, dunklen Raum, bis es reif war.
    OK, zu noch etwas laengerer Abhaengerei habe ich sie ueberredet ;-). Der Preis ist dadurch nicht gestiegen.

  14. @eline: die Verpackung in Vakuum und Plastik hat das alles verdrängt. In meiner Jugendzeit hingen noch ganze Tierhälften an Haken in den Metzgereien. Heute holt sich der Metzger einen Plastikbeutel aus dem Kühlraum.

    @chiecchi: Kuhn, Sattelgasse beim Marktplatz. Gehört glaube ich, dem Fleischkonzern Bell

  15. Ach so der! Da habe ich nur schlechte Erfahrungen gemacht. Aber vielleicht ist er jetzt wieder besser!

  16. Bei solchen schönen Stücken Fleisch läuft mir immer das Wasser im Mund zusammen! Ich stehe total auf dry-aged Beef! Man sollte lieber weniger Fleisch essen und dann immer so! 😉

  17. Genau so etwas will ich mein Eigen nennen. Leider ist der Dry-Aging-Process in unseren Längen, noch nicht so ganz perfektioniert bzw. existent, wie beispielsweise in den Staaten. Doch zum Glück spezialisieren sich immer mehr Schlachtereien auf diese Art der Fleischveredelung und dementsprechend werden die Preise auch immer moderater. „Im Fernsehen“ habe ich letztens das „Peter-Luger Steak-House“ in Brooklyn gesehen, dass die besten Steaks auf der Welt servieren soll, doch das kann man nur selbst herausfinden 😉

    1. Ich kann bestätigen das ein steak bei Peter Luger’s wirklich eine liga für sich ist. Ein besuch dort ist sehr empfehlenswert, wenn sich die gelegenheit ergibt.

  18. I kumm zwar hindedrii wie die alti Fasnacht, doch het mir die deerzytig schwachi Internetverbindig in de Pampas bis hyte e mächtige Strich gmacht di Mogge Flaisch am Stigg z‘ Kommentiere.

    Absolut zem Driikneile ! S‘ Ganze mit Sauce Béarnaise und eme Hämpfeli Riis, wenn är grad scho/(no) vor em Huus wachst.

  19. Ich würde ja furchtbar gerne wissen, wo in / um Züri solche fleischqualität zu finden ist.

  20. @Basler Dybli: Pampas und Reis vor dem Haus, rätselhaft, wie das zusammengeht 😉

    @gröfaz: ich weiss auch in Basel keine verlässliche, konstate Quelle. Zufall, zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen. Mehr nicht.

    1. immer no praktisch ohni Tourischte, aber wie vor gfyhlte 100 Joohr > อีสาน

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