Nachgekocht und Nachgebacken

Marinierte Aprikosen, Rohschinken 2014 07 18_4857

Im Sommer lebt es sich ungenierter. Dann darf hemmungslos nachgekocht und -gebacken werden. Das enthebt uns, in einer Zeit, in der das Denken noch schwerer als sonst fällt, eigene Überlegungen anzustellen. Im Grunde genommen ist doch alles schon erfunden. Beinahe alles. Eine kleine Recherche im Internet, meinem liebsten Kochbuch: und schon steht das Menu fest. Kommt hinzu, dass man auch das Fotografieren lockerer als sonst angehen kann. Festgehalten wird nur das, was man im eigenen Rezeptbuch aufzeichnen will. Hier eine kleine Auswahl, bei der ich in den Rezepturen immerhin die EL durch Elf. ersetzt habe. Hitze schützt vor Sturheit nicht.

Marinierte Aprikosen mit Rohschinken

Gesehen bei Sabine, Sie hat diese Vorspeise in der Osteria La Scarpetta im Tessin kennengelernt. Nun verstehe auch ich, warum man dafür den Klassiker Melone mit Rohschinken links liegen lassen kann.

Marinierte Aprikosen, Rohschinken 2014 07 18_4864

Zutaten
Vorspeise für 2 Personen
6 Scheiben Rohschinken,hauchdünn geschnitten (L.: San Daniele)
frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
6 kleine, feste, nicht mehlig-süsse Aprikosen, (im Original 2 Nektarinen)
Salzflocken Maldon
ein paar Spritzer Zitronensaft
Olivenöl
einige Blättchen Basilikum
ein Reiber abgeriebene Zitronenschale

Zubereitung
(1) Die Aprikosen (od. Nektarinen) in Spalten schneiden, evtl. nochmals halbieren und in einer Schüssel mit etwas Olivenöl, ein paar Spritzern Zitronensaft, dem Zitronenabrieb und fein gezupften Basilikumblättern (ein paar zur Deko aufheben) 10 Minuten marinieren.
(2) Mit Salzflocken, schwarzem Pfeffer und ein paar weiteren Basilikumblättern zu dem Rohschinken servieren.

Zitronenschnitzel

Gesehen bei Claudio von Anonyme Köche:

Zitronenschnitzel mit Kohlrabigratin 0_2012 11 27_8904
Ungeniert bleibt die Sauce unfiltriert

In  Italien würde man die scaloppine nach einem primo piatto ohne Beilagen essen, aber in der Kombination mit Kohlrabigratin schmeckten uns die beiden Komponenten auch gut. Cavolo rapa kam schliesslich im 16. Jahrhundert aus Italien nach Deutschland, um danach zum deutschen Gemüse zu werden.

Zutaten
für 2 Personen
für das Fleisch:
4 kleine Kalbsschnitzelchen vom faux-filet (150 g total)
Bratbutter
Etwa 25 ml Zitronensaft (je nach Säure)
ca. 1 dl Marsala
Zucker
etwas Biozitronenabrieb
Salz, Pfeffer

Zubereitung
(1) Ofen mit einer Platte und den Esstellern auf 80°C vorwärmen. Die Plätzli salzen und pfeffern, leicht mehlieren. Mit Bratbutter in einer Stahlpfanne nicht zu heiss eine Minute je Seite braten. Plätzli auf der Platte im 80°C Ofen warmhalten.
(2) Fett aus der Pfanne giessen und Pfanne mit Küchenpapier abtupfen. Mit dem Zitronensaft den Bratensatz vom Topfboden deglacieren. Den Marsala angiessen. Mit einer Prise Zucker, etwas Zitronenzeste und allenfalls Salz und Pfeffer abschmecken. Sauce einkochen und falls nötig mit etwas kalter Butter binden.
(4) Plätzli in die Pfanne zurückgeben, einmal durchschwenken.

Was Maestro Claudio schmecken tut, schmeckt auch uns.

Kohlrabigratin

Gesehen bei Eline von Küchentanz. Lassen wir zu diesem Gericht vorab und zutiefst ehrfürchtig die grossen Worte eines deutschen Dichterfürsten im Munde zergehen: „Behalte mich ja recht lieb, sorge für Haus und Garten, grüße Herrn Meyer, küsse den Kleinen und iß Deine Kohlrabi in Frieden“. (Johann Wolfgang von Goethe, Briefwechsel mit seiner Geliebten und späteren Frau Christiane Vulpius, 1792).

Kohlrabigratin 2014 05 04_3940
mit Röstaromen 😉

Zutaten
2 kleine, zarte Kohlrabi, geschält, ca. 1 mm dünn gehobelt
ca. 70 ml Rahm-Milch-Mischung (50:50) nach Bedarf
Salz
weisser Pfeffer
Muskatblüte
von mir zusätzlich: Fenchelsamen
Butterflocken
Mie de pain
gehackte Kohlrabiblätter oder Gewürzfenchel

Zubereitung
(1) Die dünnen Kohlrabischeibchen in gebutterte flache Auflaufförmchen rosettenartig schichten, etwas Salz, weissen Pfeffer und pro Förmchen eine Prise Fenchelsamen dazwischen streuen, mit der Hand gut festdrücken. Das Ganze sollte nicht höher als 0,5-1 cm werden, dann schmeckt es am besten.
(2) Die Rahm-Milch-Mischung mit Muskatblüte erhitzen, ca. 10 min ziehen lassen. So viel der Mischung über den Kohlrabi giessen, dass er gerade ein bisschen bedeckt ist. Mit Butterflocken und Mie de Pain bestreuen, ca. 20 min Umluftgrillen bei 200 grad. Mit gehacktem Grün bestreuen.

Ordinärer Kohlrabi, der alles andere als ordinär schmeckt.

Clafoutis aux cerises nach A-S. Pic

Gesehen bei Micha von grain de sel, inzwischen auch bei Anne-Sophie Pic aufgetaucht:

Clafoutis aux cerises 2014 06 11_4363
Die Küchlein sind bei Madame Pic etwas heller gebacken und flacher

Zutaten
für 4  kleine Clafoutis :

12 Kirschen (entsteint) (L: 16)
1 Elf. sucre glace (Puderzucker)
etwas Butter

85 g Butter, weich (plus Butter für die Förmchen)
1 Elf. sucre semoule (L: Kristallzucker)
85 g sucre glace (L: zur Hälfte Vollrohrzucker)
85 g gemahlene Mandeln (L: geschält)
5 g Speisestärke (L: Epifin)
1 Ei
4 Prisen Zimt

Zubereitung
(1) Ein nussgroßes Stück Butter in einem Topf schmelzen lassen, die entsteinten Kirschen darin eine Minute kochen lassen, Puderzucker zugeben und nochmals etwas köcheln lassen.
(2) In einer Schüssel alle Zutaten mischen, zuletzt das Ei zufügen und einen homogenen Teig herstellen.
(3) Ofen auf 175°C (O-/U-Hitze) vorheizen. Tarteletteförmchen (L: ramequins von 8cm Durchmesser) ausbuttern (Boden mit Backpapier auslegen). Den Teig und die Kirschen auf die 4 Förmchen verteilen (da ich zu grosse Kirschen hatte, reichte bei mir der Teig nur für 3 Küchlein). Für 15min (L: 30min) im Ofen backen bis die clafoutis goldbraun gebacken sind. Bei Madame Pic sind sie heller gebacken. Etwas abkühlen lassen, dann aus den Förmchen stürzen und lauwarm servieren.

Nachgebacken, weil das Rezept von Anne-Sophie Pic stammt. Gut, marzipanig, etwas süss.

34 Kommentare zu „Nachgekocht und Nachgebacken“

  1. Sieht auch bei dir – natürlich wie immer – alles köstlich aus und prägt sich durch dieses erneute Zeigen viel besser ein und wird so mit Sicherheit noch öfter nachgekocht/nachgebacken werden.

  2. Nachgekocht hin oder her: das ist auf einen Schlag ein ganzes Menu! Sehr beindruckend für einen einzigen Post!
    Und für das Goethe-Zitat bekommst du eine extra-Kusshand zugeschickt 🙂

  3. Die Zitronenschnitzelchen könnten bald auf dem Speisezettel stehen, wenn ich einen alkoholfreien Ersatz für den Marsala finde. Ein wenig Orangensaft und Balsamico?

    1. Fürst Bückler könnte bestätigen, dass der Alkohol des Marsala beim Kochen verdunstet. Die vorgeschlagenen Ersatzstoffe ergeben keinen Marsala-ersatz, aber anderes fällt mir auch nicht ein. Nurnicht zuviel Balsamic, sonst gibts Balsamicoschnitzel (die aber auch gut sind).

  4. Ah, Aprikosen. 😉
    Und du hast völlig recht, es ist viel zu sommerlich, um den Geist unnötig zu strapazieren…

    1. Ob man immer Ferien hat oder nie, ich halte mich im Sommer lieber an einfache Rezepte. Und die finden sich bei Spitzenköchen, wie D. Humm selten. Habt ihr aber sehr schön gemacht !

      1. Danke. Ich generell auch – war nicht „fischend“ gemeint, bezog sich nur auf die Aprikosenkoinzidenz. 🙂

  5. Mir liige gar nit wyt usenand (nit nur örtlich) …
    Genau die vier Rezäpt – näbscht em „Rollgärschte-Lauch-Risotto“ vo dr Eva – hän mir‘ s au aatoo. Jetzt wo du di Sääge eebèso derzue gisch muess‘ i wirgglig in d‘ Hose.

  6. Danke schön! Muss in Kürze für 8 Leute kochen, die zur Abwechslung mal keine Kinder sind und war bereits in leichte Panik verfallen. Nu koch ich dieses herrliche Menü nach, das krieg ich hin, und alle denken, dass ich immer noch kochen kann, obwohl ich seit Monaten nichts als Pfannkuchen, Nudeln mit Tomatensosse und andere Kinder-Lieblingsgerichte auf den Tisch gebracht habe.

      1. Hahahaha!! Ok, dann drucke ich den Kommentar aus, präsentiere ihn bei Tisch und erkläre, dass mir Pfannkuchen von einem der es wissen muss, empfohlen wurden…;-)

  7. hmmm, fein hab alles zuhause nur die Aprikosen, und den Marsala noch nicht, dann eben schnell zum Griechen um die Ecke, der hat immer die feinsten… den Marsala ersetze ich mit Sherry, ein sommerliches Festmahl…

  8. DAS war mir klar: Mein Salat sieht bei dir viiiiel appetitlicher aus! Jetzt habe ich gerade wieder eine Riesen-Appetit darauf bekommen. Ich muss nochmal Aprikosen kaufen gehen… oder vielleicht doch besser Nektarinen???
    Und dann diese Scaloppine hinterher… mmmmmhhhhhh

    1. Aufs Rezept kommts an, nicht auf das Aussehen 😉 Hier geht es gegen das Ende zu mit Aprikosen. Aber Pfirsiche aller Art werden hier die Saison dieses Salats noch lange verlängern.

  9. Oh, das gute alte Kohlrabigratin! Da hast du aber Foodblog-Geschichtsforschung betrieben. Ich finde es auch eher edel als derb.

  10. Wollte er nicht im Sommer etwas kürzer treten – okay, die Anregung nimmt man gerne mit!

  11. Und heute muss man einem Italiener erklären was ein „cavolo rapa“ ist. Kirschen bekomme ich leider keine mehr, sonst wäre das etwas für mich!!

  12. Vielen Dank für diese schöne Komposition. Auf der verzweifelten Suche nach Inspiration hat mich dein Blog gestern Nachmittag gerettet.
    Die Vorspeise gabs mit weissfleischigen Nektarinen und etwas Feigenessig darübergeträufelt – genial, v.a. wenn man diesen Klassiker mit den Melonen irgendwie nicht nachvollziehen kann. Den Hauptgang hab ich genau so nachgekocht (mmmmh, der Gratin…!!), ganz fein. Beim Dessert hab ich mich ein bisschen weit aus dem Fenster gewagt und einen kleinen Kuchen gebacken (viele Kirschen..) aber der ist mir dann leider auseinandergefallen, als ich ihn aus der Springform genommen habe. War aber trotzdem sehr fein, auch wenn etwas süss. Danke und auf bald wieder 🙂

  13. Ja, der Kuchen ist nichts für grosse Kaliber. In ganz kleinen Muffinförmchen mit nur einem einzigen Chriesi hab ich ihn auch schon gemacht.

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