Ganze Kalbshaxe

Ganze Kalbshaxe

Ganze Kalbshaxe

Lange, viel zu lange, volle 4 Jahre, liegt meine letzte, ganze Kalbshaxe zurück. Immer wieder scheue ich mich vor dem Aufwand für 2 Personen. Völlig zu Unrecht. Das Argument vom Aufwand sticht kaum, seit der Erfindung des Tiefkühlers kann man selbst in einem Ein-Personen-Haushalt mehrfach vom selben Knochen oder einem andern Grand-Pièce nagen. Ich kenne kein saftigeres und besseres Fleisch.

Anstoss gab die Kalbshaxe von Claudio, Tage später jene von Wolfgang. Der Metzger in Arlesheim lässt die ganzen Haxen jeweils eine Woche an der Luft abhängen, bevor er sie für den Verkauf in Folie einpackt und damit die Reifung unterbricht. Für mein Rezept habe ich mich im Wesentlichen an Claudio gehalten, jedoch nach eigenen Vorlieben gewürzt, zudem stellte ich die Abfolge beim Karamellisieren des Zuckers um.

Ganze Kalbshaxe

Ganze Kalbshaxe
der Musculus tibialis cranialis aus dem Vorderteil der Haxe. Wer wüsste nicht gerne, was er isst ?

Zutaten
1 Kalbshaxe, etwa 1,5 kg schwer,
Butterschmalz (eingesottene Butter)
1 Tlf. Puderzucker
200 ml Madeira Typ Verdelho [ergänzt:     10.4.15]
600 ml gehaltvoller Rotwein (der fabelhafte Huckebein von D. Niepoort)
500 ml Kalbsfond dunkel (mein konzentrierter)
Mirepoix aus:
70 g  Sellerie
70 g Petersilienwurzel
70 g Karotten
30 g Schalotten
4 cm Lauch

2 Knoblauchzehen
2 Lorbeerblätter
1 Gewürznelke
1 geh. Tlf. Thymianblättchen
8 Wacholderbeeren
5 Pimentkörner
10 schwarze Pfefferkörner, alle leicht angedrückt
1 Elf. Tomatenpüree

zum Abschmecken:
Bio-Zitronenschale, Aceto Balsamico, schwarzer Pfeffer, Salz

für die Glasur:
6 Elf. der entfetteten, abgesiebten Sauce
1 Tlf. Trüffelhonig (L.: Bruyère-Honig (super !!!) plus eine Msp. Tartufata)

Zubereitung
am Tag zuvor:
(1) Die vom Metzger fertig parierte Kalbshaxe parierte ich nach: schnitt die Silberhaut teilweise weg und befreite die schmale Knochenseite von etwa 3 cm Fleisch. Das wäre nicht notwendig, das Fleisch wird sich ohnehin zusammenziehen und die Kalbshaxe ist nicht fürs Eisstockwerfen vorgesehen. Parüren nicht wegwerfen.
(2) Die Kalbshaxe salzen und leicht bemehlen, dann in einem schweren Topf (Bräter) in Butterschmalz allseitig gemächlich anbraten. Zuletzt die Parüren zugeben und mitbraten.
(3) Fleisch und Parüren herausheben und das Fett im Topf mit Küchenpapier wegtupfen. Fleisch und Parüren wieder in den Topf zurückgeben.
(4) Indessen den Boden eines zweiten Topfes mit Puderzucker bestäuben und diesen hellbraun caramellisieren. Wenig Butterschmalz und das Gemüsemirepoix zugeben und leicht anrösten. Gegen Ende das Tomatenpüree zugeben und kurz mitrösten.
(5) Das Gemüse schluckweise erst mit dem Madeira, dann mit dem Rotwein glasieren, zwischendurch immer wieder stark einkochen. Zuletzt sollten ca. 300 ml verbleiben.
(6) Den Topf-Inhalt der Wein-Gemüse-Reduktion in den Topf zur angebratenen Kalbshaxe schütten. Die Hälfte der Gewürze, der Kräuter und den gesamten Kalbsfond zufügen und zugedeckt im Backofen bei ca. 120-130°C während 5 Stunden leise simmern lassen. Die Temperatur der Sauce darf 90°C nicht überschreiten. Das Fleisch gelegentlich wenden oder mit Sauce übergiessen. Eine halbe Stunde vor Ende den Rest der Kräuter/Gewürze zugeben.
(7) Topf aus dem Ofen nehmen, Kalbshaxe herausnehmen und den restlichen Inhalt des Topfes durch ein feines Sieb abgiessen, Fond auffangen. Verwertbare Fleischstücke der Parüren herausfischen. Den ausgekochten Gemüserückstand mit ca. 80 ml Wasser aufkochen (da hängt noch kostbarer Fond dran)  und durch dasselbe Sieb zum Fond abgiessen. Fleisch wieder in den Fond legen und über Nacht kalt stellen.

Ganze Kalbshaxe
Glasiert. Fertig zum Aufschneiden.

Anderntags:
(8) Fettschicht vom gelierten Fond abheben. Topf zugedeckt in den 80°C heissen Ofen stellen. Haxe gelegentlich mit Fond übergiessen. Nach etwa 2-3 Stunden ist die Haxe wieder auf Betriebstemperatur. Topf herausnehmen, Kalbshaxe auf einen Teller setzen und wieder in den Ofen stellen. Häufig mit der Glasur einpinseln.
(9) Indessen den Fond mit Zitronenschale auf etwa die Hälfte einkochen, bis sie eine sirupartige Konsistenz aufweist. Abschmecken mit Pfeffer, Salz und wenig Aceto Balsamico (als Säurespender, gibt mit der Zitronenschale Frische hinzu).

Serviert einmal mit Kartoffelpüree (aus Bamberger Bonnotte) das zweite Mal mit Reibekuchen aus Andengold.

Was soll man dazu noch viel sagen ? Die Sauce ist eh nicht von dieser Welt. Das ist Werbung genug.

PS: mit dem Handgriff einer Holzkelle lässt sich das Mark mühelos ausstossen. Mit Fleur de Sel und Pfeffer auf Brot gegessen, eine der grösseren Köstlichkeiten.

32 Kommentare zu „Ganze Kalbshaxe“

  1. Danke für die Erinnerung, dass das unbedingt auch mal wieder auf den Tisch muss… ich liebe Kalbshaxe auch so sehr und diese hier sieht traumhaft aus ❤

    Wünsche ein schönes, entspanntes Osterfest, vielleicht mit ein bisschen Sonne und natürlich mit gutem Essen 🙂

    1. Doch, deine guten Wünsche sind in Erfüllung gegangen, heute ist der Himmel sonnig….. und ich stehe vor einem Teller Morcheln und sollte etwas daraus kochen.

  2. Das ist jetzt eines dieser Fleischgericht, das mir den Zahn tropfen läßt! Die Sauce! Und an saftiger Zartheit wird das Fleisch auch nicht zu überbieten sein. Ja, ein Festessen – offensichtlich!

    Schöne Ostern, lieber Robert, dir und Frau L.

  3. Wohri Wort – du seisch‘ es. Au nur ei Nase ka sich an somene Gnoche gietig tue – mehrmols 🙂 Di neys Rezäpt isch grad in die top Zäh vo minere Noochkoschlischte gsprunge. Danggerscheen derfir !
    I wynsch dir/Eych gnussvolli Oschterdääg.

    1. Das war so gut, dass ich es am nächsten WE nochmals für Gäste kochen werde. Das Wetter ist gerade rechtzeitig wieder schön geworden, so dass auch in Basel-Süd die Sonne scheinen sollte.

  4. Gerne stoße ich mit einem Glas Fabelhaft auf dieses wunderbare Gericht an!
    Frohe Ostern!

  5. Wunderbar – vielen Dank und frohe Ostern! (Vor allen Dingen das untere Tellerbild „Fertig zum Aufschneiden.“ ist sensationell 🙂 )

  6. oh oh oh
    mir rinnt das wasser im mund zusammen
    schönen dank für die idee + auch fürs aufzeigen wie man alles noch verfeinern kann!
    frohe ostern!

  7. Ich traue mich dennoch die Frage zu stellen, warum bei immerhin 80 Grad Wiedererwärmtemperatur die Haxe in den 2-3 Stunden nicht trocken wird, währenddessen sie im Ofen steht, wohl umgeben von dem Sößchen.Ich dachte 5 Stunden seien für Kalb viel zu viel, auch bei 120 Grad, Ich harre der Offenbarung.

    1. 5 Stunden im Ofen bei 120°C bedeutet nicht, dass das Fleisch dieser Temperatur ausgesetzt wäre. Im Topf selber hat es maximal 85°-90°C. Das habe ich mehrmals mit dem elektrischen Thermometer in der Sauce überprüft. Der Vorteil des Ofens ist der, dass man nicht dauernd aufpassen muss, dass die Sauce nicht kocht. Zu grosse Hitze macht das Fleisch zäh.

  8. Die Haxe mutet um einiges raffinierter an als unser schlichtes Ossobucco. Mal sehen, ob ich beim nächsten Mal eine ganze (nicht gescheibelte) bekomme. 🙂
    Frohe Ostern und liebe Grüße,
    Eva

    1. Ist für den Metzger doch weniger Aufwand. Aber im Norden sind Kälber offenar rar. Freut euch an der neuen Ostertorte 😉

  9. Ich würde ja sogar ein Löffelchen Kartoffelstock mit Sauce nehmen. Heute bin ich bescheiden.

    1. Wundert mich nicht. Wer vorher bei Bruno, Fürst Bückler, wie er von seinen Freunden genannt wird, zu Gast war, hat danach wohl keinen grossen Appetit mehr.

    1. Das Hirn ? Wenigstens ein kurzer Laufweg. Bei mir dauerts länger wegen dem Umweg über den grossen Zeh.
      Schöne Ostern auch euch beiden !

  10. bei uns kommt Kalbshaxe immer in Form von Ossobuco auf den Tisch – nun hast du mir Lust auf solch ein ganzes Häxchen gemacht.
    Frohe Ostern für euch und sonnige Ostergrüsse aus dem Elsass – wir sind für diesmal nicht ins Tessin gereist, da unser Sohn nur ein paar Tage Urlaub hat und gerade hier zu Hause weilt….

  11. Auch besten Dank für die Erinnerung, allerdings wird es eine Erinnerung bleiben, denn Kalbshaxen sah ich hier nie, aber ähnlich grosse Schweinshaxen, und eine solche werde ich nun doch einmal kaufen. Verspätet beste Osterwünsche aus Chiang Mai.
    Erich

  12. Ich sag nur Eins Robert.
    Du bist der „Paul Bocuse“ unter den Bloggern.
    Meine Hochachtung!

  13. Sali Robert, ein wirklich nettes Projekt hattest Du da!
    Ziemlicher Aufwand – aber das Resultat tönt ja phantastisch…

    Wir hatten Ostern ein Lammhaxe vom Lützelsee (Hasel) – im französischen Schmortopf- 5 1/2 Stunden bei 130°… nur mit Senf bestrichen, ein paar Zweigen Rosmarin, Petersilie, a bissle Ingwer und Knoblauch… und eine Tasse Sauvignon Blanc aus Neuseeland…
    Resultat: auch eine feine Sauce und butterzartes, gschmakiges Fleisch…
    Grüssle aus Hombi und bis irgendwann mal wieder in Meggen
    Vreni & Jörg

    1. Aah, jetzt kann ich dich zuordnen. Der Jörg. Mattscheibe. Der Bocuse ht mich verwirrt. Dein Lamm liest sich gut, das Wiesenlamm vom Lützelsee, Salzen kann man ja individuell. Auf Wiedersehen in Meggen, an mir solls nicht liegen 😉

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